Konsolenkriege Wiederkehrende Muster, die die Zukunft der Industrie prägen

Hannes Letsch20 Minuten Lesezeit

Übersicht

Es gibt wenige Personen, die die komplette Historie der Videospielkonsole miterlebt haben. Diejenigen, die es getan haben, sind mittlerweile in ihren späteren 60er beziehungsweise frühen 70er Lebensjahre angelangt. Ihr Wissen als Zeitzeugen ist von großem Wert, weil kontextualisiert Schemata, das heißt Erfahrungen bestehen, die wesentliche Lehren für das Voranschreiten der Industrie beinhalten. Don Daglow (u.A. Electronic Arts und Stormfront Studios, Präsident der Academy of Interactive Arts & Sciences Foundation) ist eine dieser Personen, die nie aufgehört haben, die Entwicklungen eng zu verfolgen, weil sie immer genuiner Teil der Industrie als Entwickler oder/und Berater waren. Seine Einblicke auf der devcom 2020 ermöglichen es, Muster aus der Historie der Videospielindustrie abzuleiten, die jeden Videospielaffinen (Entwickler, Konsument usw.) interessieren sollten.

Die Versuchung ist groß zu denken, dass die Videospielhistorie in Generationen von dominierenden Konsolen eingeteilt werden kann. Blockweise würden die nächste die alte Generation zu einem bestimmten Zeitpunkt ablösen und somit eine neue „Ära des Videospiels“ einläuten. Die Berichterstattung der letzten zehn Jahre, sowohl in der Fachpresse wie auch in den einschlägigen Nachrichtenportalen, folgte diesem Muster. Man proklamierte diese Muster immer wieder, wobei eher davon ausgegangen werden muss, dass im Gebrauch des Wortes „Generation“ mehr Marketing als Beobachtung steckt.

Diese Art einer Reihung von Konsolenköniginnen repräsentiert nicht ansatzweise ausreichend akkurat die historisch-technologische Entwicklung, die die Videospielindustrie bis heute durchlaufen hat. Stattdessen sind die vorhandenen Quelle durch Kontinuitäten und Diskontinuitäten in verschiedenen Bereichen wie etwa der Firmenphilosophien, Hardware- und Softwaretechnologien, Innovationsschüben sowie wirtschaftlichen wie sozialen Rahmenbedingungen gekennzeichnet. Zusätzlich stehen all diese Faktoren in ständiger Wechselwirkung, sodass sich eine Komplexität aufbaute, die schwerlich auf den ersten Blick überschaubar ist. Eine einfache Geschichte, die die Entwicklung der Videospielkonsole erklärt, gibt es nicht.

Die 1980er Jahre: Atari und der Commodore

Die ersten erfolgreichen Konsolen trugen die Namen „Atari VCS / 2600“ und „Intellivision“, die zwischen 1978 und 1983 den Markt dominierten. Der englische Slogan „Two pictures are worth a thousand words“ repräsentiert den Schwerpunkt, der in dieser Zeit medial diskutiert wurde, um eine Konsole der anderen vorzuziehen. Sowohl im TV wie auch in Magazinen wurden grafische Vergleiche zwischen Atari und Intellivision vorgestellt, um die jeweilige Konsole populär werden zulassen. Der zwei Jahre jüngere, modernere Chip der Intellivision erlaubte bessere grafische Leistungen, die damalig als eine Art „next-gen“ im Vergleich zu Ataris „VCS“ präsentiert wurde. Für eine gewisse Zeit entstand daraus einer der ersten „console wars“ – ein Wettstreit um die Popularität bei den potenziellen Käufen. Das Wort wurde allerdings nicht explizit verwendet und dennoch waren die gleichen Dynamiken wie in heutigen Auseinandersetzungen zwischen Microsoft (Xbox) und Sony (PlayStation) zu beobachten. Aufgrund dieser medialen Rangeleien zwischen den beiden Kontrahenten rückte das Wort der „Konsole“ mehr und mehr ins Alltagsleben jedes Kindes und Erwachsenen (vgl. z.B. Lippman, 1981; Salmans, 1981).

1983 konnte die Videospielindustrie Milliardenumsätze verzeichnen, die ein jähes Ende im gleichen Jahre beziehungsweise Anfang 1984 fand. Der Markt schien schier komplett in sich zusammenzufallen (vgl. z.B. Kleinfield, 1983). Das Videospiel an sich verlor auf den ersten Blick urplötzlich und scheinbar ohne jede Vorwarnung ihren Reiz. Für Kleinfield (1983) war die Erklärung dieser Beobachtung, dass die Konsumenten hauptsächlich sogenannte „Home Computer“ favorisieren würden. Der Wechsel hin zu diesen neuartigen Geräten würde Konsolen unwesentlich, gar obsolet werden lassen. Die Modeerscheinung „Videospiel“ und „Konsole“ sei vorbei. Nach Kleinfield und anderen Kollegen der Presse war man in verschiedenen wirtschaftlichen Bereichen der felsenfesten Überzeugung, dass das Videospiel grundsätzlich gescheitert sei. Der Konsument hätte entschieden. In Konsequenz gingen tausende Arbeitsplätze verloren. Nur wenige hunderte bleiben bis zum Tiefpunkt der Krise übrig. Aus Milliarden Umsätzen wurden maximal Millionen.

Die Gründe für diesen Kollaps war die Überzeugung der Käufer, dass „Home Computer“ mehr für das gleiche Geld bieten würden. Der „Commodore 64“, der „Home Computer“ schlechthin, setzte sich spätestens 1984 durch und konnte seine Verkaufszahlen bis 1987 massiv ausbauen. Das dahinterstehende Marketing war eindeutig und bescherte letztendlich den Niedergang der bis dato gekannte Konsolen. Dem Wortlaut nach war die Nachricht an den Konsumenten klar:

If your child can be playing a video game or they can be learning on a computer – which one would you rather do?

Die abfällige Behandlung des Videospiels funktionierte, weil der Begriff des „Lernens“ gegen den des „Videospiels“ ausgespielt wurde. Wie selbstverständlich kauften Eltern das scheinbar pädagogisch wertvolle(re) „Commodore“ System - die Verkaufszahlen explodierten. Dass der gleiche „Home Computer“ die dominierende Videospielkonsole wurde, blieb eine Nebensächlichkeit. Das Marketing sicherte die Verkaufszahlen, Videospiele die langfristige Nutzung der Rechenmaschine. Die Videospielindustrie migrierte somit in andersartige Hardware, anstatt tatsächlich zu verschwinden. Mitte der 1980er reifte die Überzeugung innerhalb der Industrie, dass einige Alleinstellungsmerkmale klarer herausgestrichen werden müssten, um nachhaltig „gesehen“ zu werden. Ein Beispiel hierfür liefert etwa die Anzeige mit dem Titel „Can a computer make you cry?“, die von einem jungen Entwicklerstudio namens „Electronic Arts“ geschaltet wurde:

Right now, no one knows. This is partly because many would consider the very idea frivolous. But it's also because whoever successfully answers this question must first have answered several others. Why do we cry? Why do we laugh, or love, or smile? What are the touchstones of our emotions? Until now, the people who asked such questions tended not to be the same people who ran software companies. Instead, they were writers, filmmakers, painters, musicians. They were, in the traditional sense, artists.

We're about to change that tradition. The name of our company is Electronic Arts. Software worthy of the minds that use it. We are a new association of electronic artists united by a common goal—to fulfill the enormous potential of the personal computer. In the short term, this means transcending its present use as a facilitator of unimaginative tasks and a medium for blasting aliens. In the long term, however, we can expect a great deal more. These are wondrous machines we have created, and in them can be seen a bit of their makers. It is as if we had invested them with the image of our minds. And through them, we are learning more and more about ourselves.

We learn, for instance, that we are more entertained by the involvement of our imaginations than by passive viewing and listening. We learn that we are better taught by experiences than by memorization. And we learn that the traditional distinctions—the ones that are made between art and entertainment and education—don't always apply. Towards a language of dreams. In short, we are finding that the computer can be more than just a processor of data. It is a communications medium: an interactive tool that can bring people's thoughts and feelings closer together, perhaps closer than ever before. And while fifty years from now, its creation may seem no more important than the advent of motion pictures or television, there is a chance it will mean something more. Something along the lines of a universal language of ideas and emotions. Something like a smile.

The first publications of Electronic Arts are now available. We suspect you'll be hearing a lot about them. Some of them are games like you've never seen before, that get more out of your computer than other games ever have. Others are harder to categorize—and we like that.

Watch us.

We're providing a special environment for talented, independent software artists. It's a supportive environment, in which big ideas are given room to grow. And some of America's most respected software artists are beginning to take notice.

We think our current work reflects this very special commitment. And though we are few in number today and apart from the mainstream of the mass software marketplace, we are confident that both time and vision are on our side.

Join us. We see farther.

Electronic Arts

Ein Novum, denn zuvor waren Interviews mit Videospielentwicklern weder eine Selbstverständlichkeit noch einfach zu bewerkstelligen. Die wesentlichste Hürde waren die Richtlinien der Hersteller. Diese forderten, dass die Namen der Entwickler umgeändert werden müssen. Keiner der Hersteller wollte sich in die Belegschaft, das heißt in seine Karten schauen lassen. Man stellte wechselseitig Entwickler an, die womöglich gleichzeitig für mehrere Konsolenhersteller arbeiteten. Nur Electronic Arts (1982) und Activision (1979) praktizierten, was heute eine Selbstverständlichkeit ist: Die Gesichter der Entwickler werden präsentiert, um ähnlich eines Popstars den eigenen Produkten ein Gesicht zu geben. Es war 1984 klar, dass die nachstehend geäußerte Idee noch einige Zeit benötigen würde und dennoch sollte sie nachhaltig die Entwicklung von Konsolen und deren Videospiele beeinflussen:

One of the things that we talked about a lot was: What would happen when computer games and video games became broadcast qualities? So, we would have the same resolution, the same number of colors as a regular television show, the people watched on TV […] We thought (in 1984): Once a game looks just like everything else you watch on your TV, then it’s going to become clear that this is a new artistic medium, an artform.

– Don Daglow, devcom 2020

Die erfolgreiche Einführung des Commodore 64 zog Überlegungen des Herstellers nach sich, wie man den Umsatz erhöhen und Absatz an Geräten steigern könnte. Varianten des Commodore wurden entwickelt, die den Wünschen verschiedener Kundengruppen besser gerecht werden sollten. Man entschied sich den Faktor „Kosten“ und „Rechenleistung“ in den Fokus zu nehmen: Neben dem Commodore 64 mit 64 Kilobytes RAM, kamen das günstigere Modell „Commodore 16“ (16 KB RAM) und das kostspieligere „Commodore 128“ (128 KB RAM) im Jahr 1985 hinzu. Einerseits reagierte man auf das Problem, dass von den ursprünglich 64 KB RAM nur 32 zum eigentlichen Programmieren übrigblieben. Der Rest wurde vom System selbst besetzt. Andererseits haderten manche Kunden mit einem Kauf, weil sie „nur spielen“ wollten. Eine günstigere Version wäre optimal gewesen. Dieses Marketingschema, verschiedene Versionen einer Konsole gleichzeitig anzubieten, wird fortan immer wieder abgerufen, sobald der jeweilige Hersteller genügend Erfolg verzeichnen kann. Das aktuell prominenteste Beispiel dürfte Microsoft und dessen Xbox-Konsole sein.

Die 1990er Jahre: Sega vs. Nintendo = PlayStation

Und dennoch: Auch der Commodore verschwand schneller als gedacht. Grund war Nintendo und dessen ursprüngliche „Nintendo NES“ Konsole. Anfang der 1990er war es laut Daglow immer noch kaum vorstellbar, dass Videospiele in gleicher Masse wie vor 1984 wieder in den Verkauf kommen würden. Selbst Nintendo hatte zu Beginn massive Probleme, seinen Erfolg aus Japan zu exportieren. „Home Computer“ waren weiterhin der Favorit, eine Investition in Videospiele erschien viel zu riskant, das Marketing von Commodore hatte sich nachhaltig festgesetzt und das Image von Videospielen beschädigt, obwohl viele sie weiterhin konsumierten.

Nintendo sah sich gezwungen, alle denkbaren Rabattstrategien und zusätzlichen „Deals“ anzubieten, um Einzelhandel wie große Verkaufsketten zu überzeugen, zumindest zu versuchen die NES Konsole anzubieten. Rückblickend sollte klar werden, dass sobald Nintendos Konsole erhältlich war, der Verkauf kein großes Problem darstellte. Ähnlich eines Schneeballprinzips setzte sich die Konsole immer mehr am Markt durch, oder wie Denise Gellene von den Los Angeles Times titelte: „The Joystick Lives: New Technology, Better Marketing Give Video Games a Second Life“ (1988).

Das tot geglaubte Videospiel war urplötzlich wieder das, was es zuvor gewesen war, obwohl das Marketing zumeist von den gleichen Personen mit der gleichen Philosophie, das heißt identisch zur Praxis 1983 vor dem Crash, war. Es ist allerdings auffällig, dass das Wort „Konsole“ in Gellenes Artikel nicht verwendet wird. Der Begriff sollte erst später salonfähig werden.

Mit der Einführung des „Sega Mega Drive / Genesis“ im Jahr 1990 wurde eingeläutet, was man heutzutage als „Konsolenkrieg“ bezeichnen würde. Weil Nintendo nicht engmaschig genug seine Hardware verbesserte, nutzte Sega die entstandene Lücke, um einen Konkurrenten zu Nintendos Konsole vor allem im nordamerikanischen Raum aufzubauen. Die Antwort Nintendos namens „Super Nintendo“ (1990) initiierte einen offenen Schlagabtausch: Während in den USA Sega die Nase klar vorne hatte, setzte sich Nintendo hingegen global gesehen durch. Das englische Wort „war“ ist zum ersten Mal explizit nachlesbar. Es wurde von einem „Holiday War“ (Jack Lesar United Press International, 1991) zwischen Nintendo und Sega in den USA Ende 1991 berichtet. Der Videospielmarkt war mittlerweile wieder auf drei Milliarden Dollar Umsatz angestiegen, was die Vehemenz der Auseinandersetzung erahnen lässt. Das Commodore-Marketingschema wurde von Sega 1991 kopiert, um seine Marktmacht in Nordamerika zu zementieren. Man entwickelte verschiedene Versionen der eigenen Sega Konsole und bot diese zusätzlich als „Sega 32X“ sowie „Sega CD“ an. In diesem Konkurrenzkampf wurde flapsig gesprochen ganz nebenbei die CD in einen komplett durch Steckmodule dominierten Markt eingeführt.

Was Sega in Pionierarbeit entwickelte, übernahm Sony von Anfang an und veröffentlichte 1994 die PlayStation. Die Komplexität des Ringens um Marktanteile im Konsolenbereich nahm drastisch zu (Cope, 1996). Über den Preis versuchte Sega sich gegen Nintendo und das andere, japanische Schwergewicht Sony durchzusetzen. Dass Nintendo mit seiner neuen Konsole namens „Nintendo 64“ (1996) technologisch schnell zu Sony aufschloss, beruhigte den Markt nicht wirklich. Genauso wenig der Fokus auf „Sony vs. Nintendo“ (Forbes, 1997), der sukzessive Segas Einfluss auf die Wahrnehmung der Konsumenten verringerte.

Die Turbulenzen der 2000er

Im Jahr 2000 gesellte sich Microsoft mit seiner „Xbox“ hinzu (Morris, 2000). In recht kurzen Zeitabständen wurden somit seit Mitte der 1990er mehrere Plattformen von verschiedenen Konzernen veröffentlicht, die versuchten sich in Rechenleistung und Verkaufszahlen wechselseitig zu übertrumpfen. „Xbox vs. PlayStation 2“ ersetzte „Sega vs. Nintendo“. Eine Neuerung der 2000er im Vergleich zur bisherigen Genese der Konsole war die Dominanz Sony: Zum ersten Mal hielt sich ein Konzern an der Spitze, denn Sony gelang es, die starken Verkaufszahlen der „PlayStation“ nicht nur zu replizieren, sondern sogar mit der „PlayStation 2“ (2000) zu verbessern. Weder Atari, noch Commodore, Nintendo oder Sega gelang dies zuvor.

Insgesamt sollte Sonys Dominanz zwölf Jahre lang von 1994 bis 2006 dauern. Einerseits bedeutete dies eine Stabilisierung des Marktes, andererseits reduzierte sich die Varianz verschiedener Angebote nachhaltig, weshalb der Konkurrenzdruck längerfristig abflachte. Nur Nintendo verblieb als Ausnahme und versuchte Nischen auszuloten, die nicht von Sony und Microsoft bereits besetzt waren. Die „Wii“ (2006) wurde entwickelt und veröffentlicht. Anstelle grafischer Opulenz wurde versucht, die Idee des klassischen Controllers neu zu denken, um mehr körperliche Aktivität wie auch andere Konsumentengruppen (z.B. Familien) anzusprechen.

Entgegen den Prognosen, dass das Konzept zum Scheitern verurteilt sei, verkaufte sich die Wii am besten (PCWorld, 2008; Kirk, 2012). Der Erfolg Nintendos bedeutete massive Probleme für die Videospielindustrie, denn Entwicklerstudios stellten sich aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen mit dem Markt langfristig darauf ein, dass die hinter der Xbox und PlayStation stehende Philosophie einer Konsole dominieren würde. Dementsprechend wurde investiert, Entwicklerteams aufgebaut sowie Spielekonzepte verworfen und umgesetzt. Die Wii machte diese Pläne zunichte.

In letzter Konsequenz verkauften viele Publisher beziehungsweise Entwicklerstudios weniger Spiele als geplant. Einerseits, weil die Preise aufgrund der Entwicklungskosten für „PlayStation 3“ und „Xbox 360“ Spiele höher waren als die der Wii. Andererseits, weil die Entwicklungszeit für Nintendos Konsole merklich kürzer war. Eine kurzfristige Reaktion auf Trends war somit auf der Wii besser umsetzbar. Schlussendlich wurde die Wii zum Gewinner des neuesten „Console War“ auserkoren. Das Momentum lag bei Nintendo, die Konfusion unter den Entwicklern war groß und auch wirtschaftlich war für deren Studios eher Stagnation bis Rezension zu konstatieren. Es sollte einige Jahren dauern, ehe Microsofts und Sonys Plattformen Nintendo wieder überholten.

Apples iPhone (2007) war ein weiterer Schlag gegen langfristigere Planungen der Entwickler, denn Spiele verkauften sich auf Apples Smartphone aufgrund der hohen Absatzzahlen der Geräte sehr gut. Im Jahr 2009 wurden bereits circa drei Milliarden Dollar mit Apps für Apples Smartphone verdient, die womöglich sonst Teil des klassischen Videospielmarktes gewesen wären (Foresman, 2010). Die Argumentation, dass es sich hierbei um zusätzliches finanzielles Volumen handelt, weil Apples Produkte ausschließlich neue Videospielkonsumenten ansprechen, weil es sich um eine komplett neue Plattform handelt, die sich ausschließlich auf die Navigation neuartiger Touchscreens stützt, wurde kontrovers diskutiert. Allerdings änderte dies nichts daran, dass diese Nische nun durch Apple, ein neues Schwergewicht im Videospielmarkt besetzt wurde.

Neben den Faktoren Wii und iPhone wuchs die Vernetzung der Märkte simultan durch das Internet und die dadurch neuen Möglichkeiten von Interaktionen stetig an. Die zuvor erwähnte Vision von Daglows im Jahr 1984, dass Videospiele als Kunstform etabliert sein würden, wenn sie eine „Broadcast“ Qualität des TVs duplizieren, stand spätestens im Jahr 2010 auf der Probe. Beispielsweise verwendete das Marketing zum Spiel „Gran Turismo 5“ (Polyphony Digital, 2010) am 24.11.2010 den Begriff der „all broadcast quality“, um die Vorteile des Videospiels für die PlayStation 3 hervorzuheben. Es war möglich, Videos in identischer Qualität zum TV herunterzuladen und diese auf der eigenen Konsole via PlayStation Network anzusehen. In der Wahrnehmung wurde dank des schnellen technologischen Fortschrittes aus einer Konsole, das heißt einem „minderwertigen“ Spielzeug der 1980er, ein technologisch fortschrittliches Medium, das dem TV ebenbürtig sei.

Seit Ataris Hochzeiten bis hin zur Auseinandersetzung zwischen Microsoft und Sony in den frühen 2000er hatte die Videospielindustrie den Vorteil, grafische Verbesserung nebeneinander stellen zu können, um offensichtliche Fortschritte für den Laien und damit gute Kaufgründe präsentieren zu können. Nun aber, durch das immer schnellere Heranrücken an „Broadcast“ Qualität, waren die optischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Plattformen und Konsolen nicht mehr derart offensichtlich. Für Fans, die minutiös die Unterschiede in Textur-, Belichtungs- und Animationseffekten analysieren lernten, änderte sich nicht viel; zumindest nicht merklich. Für den Laien hingegen gab es kaum noch Unterschiede. Wer nun die beste Konsole anbietet, war anhand der Grafik nicht mehr zu sehen.

Das Zwei-Pferde-Rennen zwischen Microsoft und Sony findet heutzutage nicht mehr statt. Apples „iOS“, Googles „Android“, verschiedene browsergestützten Videospielplattformen (z.B. Facebook Games), die klassischen Konsolen, die Vorherrschaft „Steams“ als Online-Plattform auf dem PC, Nintendos Strategie, sehr stark auf portable Konsolen zu setzen sowie etwa „Epic Games“, die sich vom Entwickler zum Publisher zum Online-Store wandelten – all dies muss mitbeachtet werden, möchte man ein umfängliches und der Komplexität gerecht werdendes Bild zeichnen.

Ein weltweiter Markt entstand während der ersten 20 Jahren der 21. Jahrhunderts, der auf verschiedenen Plattformen sehr unterschiedliches Publikum anspricht. Die Komplexität stieg um ein Vielfaches. Ein Konsolenkampf zweier oder dreier Hersteller bildet nicht mehr das Zentrum der Wahrnehmung, weil es mehrere in einem global vernetzten Markt gibt. Die Aufmerksamkeit, die zuvor selbstverständlich auf einen gerichtet war, muss erst erkämpft und erhalten werden, um anschließend Überzeugungsarbeit für die eigene Konsole praktizieren zu können. Die Konkurrenz „Smartphone“, „Tablet“, „Browser“, „TV“ und so weiter müssen erst übertroffen werden. Es wird somit zunächst um die Aufmerksamkeit jedes einzelnen potenziellen Käufers gerungen, die sich wiederum durch die Anzahl an Spielstunden manifestiert.

Wie also können Videospielentwickler oder Konsumenten auf die hochdynamischen Entwicklungen, die aus den letzten 40 Jahren Videospielgeschichte ableitbar sind, reagieren? In jedem Fall lehrt die Geschichte, dass der Gedanke eines „Konsolenkrieges“ für eine gewisses Zeitintervall der letzten 40 Jahre zutreffend war, allerdings – wie auch viele andere Annahmen – recht schnell ihre Vorhersagekraft verlor. Stabilität ist kein Begriff, der charakteristisch für die Videospielindustrie ist.

Literaturverzeichnis

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