Die letzten drei Monate waren in den Medien gezeichnet von Enttäuschung und Wut, die sich in dieser Reihenfolge in mehreren Bereichen und Feldern ihre Bahnen brachen. Die auslösenden und dahinterstehenden Problematiken wurden mehrfach und umfänglich deskriptiv festgehalten. Die Herausforderung bleibt. Frei nach Aristoteles:
Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer.
Verdi
Für Lothar Hay, Vorsitzender des Medienrates der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, ist die Entscheidung der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), Computerspiele mit Hakenkreuzen und anderen Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen freizugeben, falsch. Die daraus resultierende Gleichstellung der Computerspiele mit etwa Filmen sei nicht gerechtfertigt. Abgesehen von einer recht kurzen Erörterung, ist die sich an den Artikel anschließende Kommentarsektion, die sich seit September 2018 außerordentlich aufgebaut hat, spannender.
FAZ
Unter dem Hashtag #GamerLeaksDe wird teilweise diskutierend und streitend um die Frage gerungen, ob die Videospielszene für diskriminierende Kommentare besonders anfällig sei. Die Idee, sich durch Hashtag-Kampagnenauszutauschen, ist nicht neu, denn neben sexueller Belästigung per #metoo oder der Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund per #metwo befindet sich laut Axel Weidemann #GamerLeaksDe im gleichen Fahrwasser. Ob der Widerstand gegen rassistische oder sexistische Kommentare etwas nützt, ist dabei nicht sicher.
Geekgeflüster
Wie umgehen mit Reviewbombing? Was wäre eine adäquate Reaktion auf Shitstorms? Für Aurelia Brandenburg ist eine Sache in diesem Zusammenhang klar:
Wenn reaktionäre Nerds laut schreien, dann dauert es nicht lange bis sehr viele andere gegen dieses Geschrei mit Fakten dagegenhalten. Das ist gut gemeint, bleibt aber kontraproduktiv.
Gamestar
Der Trend, dass viele Publisher in den letzten Jahren das Beta-Programm als eine Demo missbrauchen, war vielen Spielern schon bekannt. Nun hat PR-Chef Pete Hines dies abermals indirekt und offiziell bestätigt, denn die Beta von „Fallout 76“ startete zwei Wochen vor Veröffentlichung des Spiels. Definitiv ein viel zu kurzer Zeitraum, um auf Feedback von den Testern einzugehen. Bei all der Kritik nach Release, wäre man Nachhinein betrachtet vielleicht mit einer richtigen Betaphase besser gefahren.
Golem
Das Problem mit der Verarbeitung gewisser Sonderzeichen, welche bisher vor allem die Mobilen Betriebssysteme Android oder iOS betraf, hat nun auch Sony auf der Playstation 4 ereilt. Benutzer konnten eine gewisse Zeichenfolge per Nachricht an andere User versenden, die dazu führten, dass die Konsole nicht mehr funktionierte und sogar auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt werden musste. Sony schwieg sich zunächst aus, veröffentlichte ein Update eine Woche nach dem Bekanntwerden des Problems.
USgamer
Telltale Games beendete im September 2018 den größten Teil seiner Spieleentwicklung abrupt. Mehrere Telltale-Mitarbeiter meldeten sich über soziale Medien, um mitzuteilen, dass sie nicht länger beim Unternehmen angestellt seien. Eine anonyme Quelle, die mit der Situation vertraut war, stand in Kontakt mit dem Videospielmagazin “USgamer” und teilte diesen aus erster Hand mit, dass die Schließung des Telltale Games Studio abgeschlossen ist.
Gamesindustry
James Batchelor kritisiert in seinem Artikel “On Ubisoft’s pandering to unreasonable players” dass Ubisoft zu sensitiv und nachgiebig auf die Meinungen lauter Kunden hört. Für ihn sind die Auswirkungen dieser Reaktion eindeutig:
This reversal has given those review-bombers a 'victory', and furthered an expectation the industry could certainly have done without […] By all means, do your utmost to keep your fans happy and deliver the experiences they expect and want […] But it should never be at the expense of your business strategy.
VG 24/7
Rockstar Games geriet kurz vor Veröffentlichung von „Red Dead Redemption 2“ nach einem Interview mit Gründer Dan Houser im New York Magazine in ordentlich unruhiges Fahrwasser als die Arbeitsbedingungen um die Entwickler des Spiels näher beleuchtet wurden. Houser erklärte hierzu, dass das Studio „100 Stundenwochen“ im Vorfeld der Veröffentlichung ableisten würde. Ein späteres Klarstellen, dass diese exorbitant langen Arbeitszeiten unabhängig vom Status im Studio und von niemandem im Unternehmen gefordert worden seien, konnte die Wogen nicht mehr glätten. Stephany Nunnely fasste hierzu die Chronologie der Empörung in einem kurzen Artikel zusammen .
Kotaku
Jason Schreier hatte spätestens seit Ende Oktober 2018 als investigativer Journalist ordentlich Arbeit vor sich. Beginnende mit der Diskussion um die sogenannte „Crunch Time“ bei Rockstar Games versuchte er die Kultur des Unternehmens näher zu beleuchten, um die Aussagen Dan Housers im New York Magazine nachvollziehbarer werden zu lassen. Quellen seiner Aussagen sind (ehemalige) Mitarbeiter des Unternehmens selbst, wobei der Fokus aufgrund des Anlasses der Kontroverse klar auf der Entwicklung von „Red Dead Redemption 2“ liegt.
Nach dem PR-Desaster, das „Diablo Immortal“ seit dessen Ankündigung auf der Blizzcon 2018 ist, drehte Jason Schreier seinen Blick postwendend zu Activision Blizzard und erläutert in einem herausragenden Artikel, wie das für viele unverständliche „Diablo Immortal“ Projekt entstand, welche Fehler intern bei Blizzard begangen wurden und welche möglichen Konsequenzen all dies in der näheren Zukunft haben kann.
VideogameTourism
Eine Ebene oberhalb der konkreten Fälle „Red Dead Redemption 2“ und „Diablo Immortal“ setzt der Artikel von Robert Glashüttner an, der zwischen Nachrichten und investigativen Artikel versucht, ein größeres Bild zu zeichnen. Er konzentriert sich ausschließlich auf “Diablo Immortal”, um seine Analyse eines toxischen Gemisches aus Finanzierungsmethoden, Erwartungshaltungen und so weiter zu illustrieren.
Gegenwärtig werden die Gräben zwischen den Gereizten und ihren oft unfreiwilligen Kontrahenten gesellschaftlich und politisch von Woche zu Woche gefährlich größer. Innerhalb von Videospielgemeinschaften ist dieser merkwürdige Kulturkampf zwischen dünnhäutigen Individualisten und den sie herausfordernden Analysten schon Jahre früher ausgebrochen.
– Robert Glashüttner
Kitguru
Während Rockstar Games, Activision Blizzards oder auch Bethesdas PR-Abteilungen in der Auseinandersetzung mit dessen verärgerter Anhängerschafft zu kämpfen haben, konnte Adam Kiciński, Präsident von CD Projekt RED, den Trubel für sich geschickt nutzen, als dieser auf einer Investorenversammlung gefragt wurde, inwiefern das Studio von “Red Dead REdemption 2” als qualitatives Aushängeschild lernen könnte:
What does that teach us? Well, it teaches us that we need to publish extraordinary games, and that’s exactly what we are planning.
– Adam Kiciński
Der seitens Matthew Wilson aufgestellte Kurzbericht zu diesem Treffen illustriert mit wenigen Zitaten, wie geschickt CD Projekt RED Kontroversen für sich nutzen kann ohne die Konkurrenz in negativen Aussagen beim Namen zu nennen, um einerseits Investoren zufrieden zu stellen und andererseits die eigenen Fans für „Cyberpunk 2077“ zu begeistern.
Twitch
David Brevik, ehemaliger Produzent und Programmierer von Blizzard North, der untrennbar mit dem Aufstieg der „Diablo“ Franchise verknüpft ist, kommentierte die Ereignisse rund um „Diablo Immortal“ recht spontan und womöglich leicht angeheitert in einem Stream.
YouTube
Blizzard versuche im Nachgang die Aufregung um „Diablo Immortal“ und den zumindest gleichsam stattfindenden Kursabsturz an der Börse zu beschwichtigen. Die dabei vollzogenen und teilweise nicht kommunizierten und begründeten Aktionen mündeten in sehr schwere Anschuldigungen, die dem Publisher und Entwickler in der öffentlichen Wahrnehmung weiter Schaden zufügte.
Nach David Breviks Aussagen auf Twitch und zusätzlich vorgestellten Informationen zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Blizzard seitens Jason Schreier, meldeten sich einige (ehemalige) Angestellte von Blizzard, um tiefere Einblicke in den Alltag des Studios zu geben.
Der kleine YouTube-Kanal namens „HeelvsBabyface“ nahm Jason Schreiers Artikel „The Past, Present, And Future Of Diablo“ zum Anlass, um die Vorfälle um Activision Blizzard dezidiert und teilweise emotional aufgeladen zu besprechen.
„Fallout 76“ ist nicht nur aus Spielersicht eine Enttäuschung, die Beschwerden zur irreführenden Werbung für die zugehörige “Collectors Edition” des Spiels und den sofortigen Zerfall des Verkaufspreises lässt eine Anwaltskanzlei aufhorchen, die nun Letzteres, mögliche Betrugsfälle, überprüft.
David Jaffee, federführender Entwickler von „God of War“ (Santa Monica Studios, 2005) kritisiert den fehlenden Fortschritt in vielen Videospielen. Diese würden auf spielmechanischer Ebene seit Jahren keine Schritte nach vorne machen, sondern immer wieder aufgewärmt die gleiche Spielformel benutzen.
AAA publishers are not just riding this gravy train into oblivion, they're actively lying and insulting our intelligence to justify it. And as problem gambling is on the rise, the game industry needs to start admitting fault... or fault will find them.
– Jim Sterling
Die „Easy Allies“ begeben sich ab und an auf eine kleine Produktsafari, um unbekannte Spiele und Franchise zu entdecken. Dieses Mal waren die Spiele zur Figur „Bibi Blocksberg“ an der Reihe. Es entspann sich dabei eine interessante Reise, die etwas seltsame Publisherpraktiken zu Tage förderte.