Kurzzeitig tauchte auf Twitch und YouTube ein Spiel namens „Trombone Champ“ auf, das von den Holy Wow Studios entwickelt wurde. Nur wer das sein soll, woher überhaupt das Spiel kam und warum so viele gerne anderen beim virtuellen Scheitern an der Posaune zuschauen wollten, war nicht ganz klar. Dan Vecchitto, einer der beiden Entwickler des Videospiels, wurde kontaktiert, und er antwortete prompt in einem schnellen textbasierten Interview zu einem Spiel, das einige Abende des Septembers 2022 in der virtuellen Unterhaltung prominent mitgestaltete.
Hannes Letsch Eure Website und Spiele verwenden an einigen Stellen ziemlich viel Humor. Wenn ich raten müsste, dann ist „Holy Wow Studios“ ein Teil der Idee, humorvoller als manch andere Entwicklerstudios in dieser Branche zu sein, richtig? Wie ist denn euer Team zusammengekommen?
Dan Vecchitto Wir nennen uns „Holy Wow Studios“, allerdings ist „Studios“ eine falsche Bezeichnung! Wir sind nur ein Ehepaar und machen alles selbst. Bis jetzt ist jedes Spiel, das wir gemacht haben, im Hobbybereich entstanden. Wir gehen „normalen“ Vollzeitjobs nach und entwickeln nachts und am Wochenende Spiele. Ich glaube nicht, dass wir beabsichtigten, eine Komödie oder Humor fokussiertes Studio zu sein, das zufällig entstanden ist. Die ersten Spiele, die wir erstellt haben (einfache, kostenlose Webspiele, die in Flash erstellt wurden), wurden für „Something Awful“ - Game-Jam-Wettbewerbe erstellt. „Something Awful“ ist in erster Linie eine Comedy-Seite. Vielleicht hat das unser Spieldesign beeinflusst.
Hannes Letsch Ihr seid ein sehr kleines Team. Aus eurer Sicht: Wie erlebt ihr denn die Videospielbranche? Wie sehr verfolgt ihr das, was in der Presse zu lesen ist?
Dan Vecchitto Vor der Veröffentlichung von „Trombone Champ“ konnten wir uns kaum als Teil der „Industrie“ betrachten. Wir hatten immer eine kleine Gruppe von Fans und einige Reporter, die für Websites wie Rock Paper Shotgun arbeiteten und über die meisten unserer Webspiele berichteten. Ansonsten haben wir keine wirklichen Branchenkontakte oder Verbindungen. Wir sind also beide Nerds, die viele Videospiele spielen. Wir verbraten durchaus ordentlich Zeit über die Videospielindustrie zu lesen, aber eigentlich nahmen wir bisher nicht wirklich daran teil!
Hannes Letsch Welchen Zugang habt ihr zu Videospielen und was ist deiner Meinung nach ein gutes Videospiel?
Dan Vecchitto Wir spielen beide viel. Es ist schwer zu sagen, was ein Videospiel „gut“ und was ein Videospiel „schlecht“ macht. Gute Spiele können aus vielen, vielen Gründen gut sein. Insgesamt haben wir weniger Zeit damit verbracht, Triple-A Titel mit großem Budget zu spielen. Viele moderne Spiele verwenden viel Zeit sowie Energie auf das Geschichtenerzählen; und das auf Kosten des Gameplays. Diese Art eines Videospiels hindert dich oft daran, das eigentliche Spiel zu spielen. Manchmal vergehen bis zu zehn Stunden eher man wirklich loslegen darf! Da wir beide in Vollzeit arbeiten, haben wir einfach keine Zeit für diese Art von Videospielen. Wir neigen dazu, jedes Werk zu mögen, das sich auf Spielmechaniken konzentriert und mir als Spieler die Freiheit gibt, das vollständige Gameplay schnell zu erleben. „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ (Nintendo, 2017) ist im Übrigen eine Ausnahme, weil es zwar ein Triple-A Titel mit großem Budget ist, aber die Entwickler von Nintendo geben dir innerhalb von Minuten völlige Freiheit.
Hannes Letsch „Trombone Champ“ tauchte mehr oder weniger aus dem Nichts auf. Für euch war das sicherlich anders: Wie ist dieses Videospiel entstanden?
Dan Vecchitto Vor ein paar Jahren hatte ich ein recht einfaches Bild, eine Idee in meinem Kopf, die sich um einen Posaunen-Arcade-Automaten drehte. Ich stellte mir diesen Automaten mit einem großen Posaunen-Controller aus Gummi vor. In Bezug auf die Spielmechaniken war das, was ich mir vorgestellt hatte, ähnlich zum endgültigen Spiel. Ich hatte allerdings die Idee für eine Weile vergessen, weil ich weder die Ressourcen noch die Fähigkeiten hatte, einen Arcade-Automaten mit einem Posaunen-Controller zu bauen. Erst Monate später wurde mir klar, dass das Konzept möglicherweise mit einer Maus funktioniert, wenn man diese vor- und zurückbewegt, ähnlich wie bei einem Posaunenzug. Ich habe einen schnellen Prototyp erstellt, der besser funktionierte als erwartet, und mich dann entschieden, daraus ein vollständiges Spiel zu machen.
Hannes Letsch Welche Rolle spielt Humor in „Trombone Champ“? Wie sehr möchtet ihr Spieler scheitern sehen? Oder: Wie sorgt man dafür, dass Humor so eingesetzt wird, dass ein Videospiel sicherlich für viele Spaß macht? Geschmäcker sind doch recht verschieden. Ich könnte mir vorstellen, dass es unmöglich ist, allen Geschmäckern im Bereich „Humor“ gerecht zu werden.
Dan Vecchitto „Trombone Champ“ ist fast nur Humor! Es ist eher ein Witz als ein echtes Spiel. Ich denke, der Grund, warum es so beliebt geworden ist, ist, dass der Humor sehr einfach und universell funktioniert – der Klang von jemandem, der schlecht Posaune spielt, ist für jeden lustig. Meine Strategie bei diesem Projekt bestand darin, überall im Spiel so viele Witze wie möglich einzufügen. Auch wenn nicht jeder jeden Witz lustig findet, so finden die meisten Leute bestimmt etwas, das sie belustigt.
Hannes Letsch Wie war die Resonanz bisher? Was hat euch überrascht und wie geht es weiter?
Dan Vecchitto Die Resonanz war viel größer und positiver als wir erahnten! Wir dachten, dass einige Tweets oder Videoclips viral gehen könnten, aber wir hatten nicht erwartet, dass das Spiel selbst so beliebt wird. Was passiert, war völlig unerwartet. Wir haben definitiv viele Pläne, das Spiel im Laufe der Zeit zu erweitern, zu verbessern und zu optimieren. Wir werden auch damit beginnen, das Spiel so schnell wie möglich auf andere Systeme zu portieren. Wenn wir mit „Trombone Champ“ fertig sind, haben wir viele Spielideen, die wir gerne als nächstes verfolgen würden!