Während die PR-Abteilungen einiger Publisher (z.B. EA oder Activision) alle Mühe haben und hatten, die im Herbst entstandenen, eigenverschuldeten Imageschäden derer Videospiele zu minimieren beziehungsweise zu beheben, wurden erste Auswirkungen der abklingenden Lootbox- und Mikrotransaktionsdebatte seit Ende November 2017 sichtbar. Mitunter scheint die Presselandschaft, die sich mit dem Thema „Videospiel“ auseinandersetzt, bezüglich dieses Thema (immer) noch nicht zur Ruhe zu kommen ...
Spiegel Online
Mehr als drei Jahre lang war Niko R. Videospieltester der Bundesprüfstelle und hat dabei so einige Titel als "jugendgefährdend" eingestuft. Das Interview, das Sebstian Meineck mit ihm führte, beleuchtet vor allem was den ehemaligen Tester bewegt und begeistert und was ihn aufregt.
Gewalt und Pornografie sind in den Medien Alltag geworden. Spiele, die man vor zehn Jahren wohl indiziert hätte, kriegen heute nur ein USK-18-Kennzeichen, zum Beispiel "Grand Theft Auto". Als ich ein Kind war, stand im Regal meiner Eltern ein Sex-Lehrbuch mit Schwarz-Weiß-Fotografien. Das zu sehen, war ein krasses Highlight für mich. Heute schauen Jugendliche auf ihren Handys Hardcore-Pornos. Andererseits spricht man Jugendlichen heute auch viel mehr Medienkompetenz zu.
– Niko R.
GamePro
Während sich die Foren darüber den Kopf zermarterten, ob und inwiefern Lootboxen Glückspiel oder gar kategorisch abzulehnende Spielelemente verkörpern, blieben offizielle Expertenstimmen zur Einschätzung der Lage (vgl. USK, ISFE, ESRB) erstaunlich ruhig und mischten sich kaum in den Diskurs ein. Das Entscheidungsvakuum versuchte postwendend die Politik auszufüllen. In den USA rückte das National Committee for Games Policy ins Zentrum, das das beschriebene Vakuum ausfüllen soll. Es wurde im Zuge der im Oktober endgültig losgetretenen Lootboxdebatte gegründet, um gegen Ausbeutung in der Videospielindustrie vorzugehen.
GameStar
Drei Parteien des bayerischen Landtags initiierten per Dringlichkeitsanträgen einen Diskurs über Lootboxen sowie den zugehörigen Jugendschutz. So spärlich das Ergebnis im ersten Moment auch klingen mag, die Staatsregierung hat dennoch Stellung zu beziehen.
Unser Lösungsvorschlag, den wir in dem Antrag präsentieren, zielt darauf ab, der Entwicklung in Richtung der sogenannten Loot Boxen oder Beuteboxen etwas entgegenzusetzen. Gerade bei Jugendlichen ist die Gefahr, dass eine entsprechende Wirkung - auch auf die Psyche - eintritt, sehr groß. Diese Sucht kostet viel Geld. Deshalb muss die Grenze zwischen bloßem Spiel und Glücksspiel sehr exakt gezogen werden. Wir sind der Auffassung, in den beschriebenen Fällen geht es um Glücksspiel. Deshalb sollten solche Spiele erst ab 18 Jahren erlaubt sein.
– Michael Piazolo
PCGamer
Parallel zu den Entwicklungen auf deutscher oder us-amerikanischer Politikebene rund um das Thema „Lootbox“ forderte Belgiens Justizminister ein generelles Verbot von Lootbox ähnlichen Spielmechaniken im gesamten europäischen Raum.
Währenddessen hatte nicht Urheber aber Mitverursacher der Diskussion, Publisher EA, weitere negative Schlagzeilen auszuhalten. „Star Wars Battlefront 2“ wurden von einem sogenannten „Dataminer“ genauer unter die Lupe genommen. Es stellte sich dabei heraus, dass CEO Blake Jorgensens Aussagen, das Spiel hätte keinerlei kosmetische Inhalte, nicht in Gänze stimmten. Laut Shaun Prescott besietzt die PC Version nachweislich bereits alle relevanten Menus und spielinternen Codezeilen, um „Star Wars Battlefront 2“ mit kosmetisch, höchstwahrscheinlich kaufbaren, Items zu bestücken.
Eurogamer
Ebenfalls sicher scheint laut Robert Purchese zu sein, dass EA nicht daran denkt, Mikrotransaktionen permanent aus "Star Wars Battlefront 2" zu entfernen. Seitdem EA womöglich auf Drängen Disneys im Vorfeld der Prämiere von "Star Wars: The Last Jedi" sein Lootboxsystem im Spiel für Echtgeldkäufe deaktiviert hat, wurde es bedenklich ruhig, obwohl EA bereits ankündigte zu einem späteren Zeitpunkt das System, verändert oder nicht, wieder hochzufahren.
CNBC
After the communal and political backlash EA received over Battlefront II, the industry at large is going to have to walk back its loot box plans a little.
– Jim Sterling
Die Rechnung für das "Star Wars Battlefront 2" stand für EA Ende vergangenen Monat ebenfalls ins Haus. Tae Kim wirft einen tieferen Einblick in die wirtschaftlichen Auswirkungen, die die negative Presse dem EA bescherte. Dabei kurvt der Artikel vor allem um die Zahl drei Milliarden, die EA an Bestandswertverlusten in US-Dollar zu verkraften hat.
Gamesindustry
Im Jahre 2016 verkündete CFO Blake Jorgensen stolz, dass „Ultimate Team“, ein ursprünglicher Spielmodus in FIFA (zuletzt FIFA 18, EA Canada), einen Jahresumsatz von 650 Millionen Dollar erwirtschaften konnte. Das sei, so Jorgensen, mehr in etwa die Hälfte des gesamten Jahresumsatzes 2016. Im November 2017 berichtete Jorgensen abermals, auf der gleichen Konferenz von den wirtschaftlichen Erfolgen des nun in mehreren Sportfranchises verbauten „Ultimate Team“.
EA's Ultimate Team business new contributes $800 million in net revenue annually, up more than 20% year-on-year.
– Blake Jorgensen
Mein-MMO
Nach drei Wochen des Schweigens, meldet sich Entwickler Bungie bei seiner Spielerschaft bezüglich der Unstimmigkeiten und Erfahrungspunktvergabebetrugs in „Destiny 2“. Findige Spieler hatten im Vorfeld analysiert, dass man bei wiederholten erledigen verschiedener Spielaufgaben immer weniger Erfahrungspunkte zur Belohnung bekommt und so eine Reduktion von bis zu 90% möglich wurde. In PR-Worthülsen versteckt antwortete Bungie nun auf die Anschuldigung: Man habe alles nachgeprüft sei unzufrieden mit dem System. Daraufhin überhäufte die Anhänger Bungie mit Spott in den Kommentarsektionen aufgrund des seitens Bungie erweckten Eindrucks, die Entwickler würden angeblich nicht selbst wissen, welche Spielmechaniken sie in „Destiny 2“ eingebaut haben.
Das Ende der Negativschlagzeilen war mit dem Statement Bungies zur künstlichen Spielzeitstreckung durch Reduktion der Erfahrungspunktvergabe nicht erreicht: Einen Tag nach Verkündigung, dass der Entwickler durch aufwendige Tests festgestellt habe, dass ihr System nicht zu ihrer vollen Zufriedenheit arbeiten würde, kursierte prompt die nächste Meldung im Netz. Einzelne Spieler hatten nach Auslieferung des Updates festgestellt, dass Bungies Deaktivierung der Reduktion der Erfahrungspunkte eine gleichsame Verdoppelung der benötigten Erfahrungspunkte bedeutet, um eines der begehrten, silbernen Engramme zu erhalten.
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Andere Industrie schielen bereits seit längerem auf die Ideen und verschiedenen Geschäftspraktiken der Triple-A Publisher. Porsche sprach nun ganz offen über mögliche Ideen, die man aus der Videospielindustrie entlehnt vielleicht in der Zukunft auch in ihren Autos umsetzen wird.
Hohe Umsätze, gut ausgebildete Fachkräfte - aber ohne bessere Förderung durch den Staat hat die deutsche Spielebranche kaum eine Chance im internationalen Wettbewerb: Das ist ein Fazit einer Studie, die auch den Arbeitsmarkt für Entwickler untersucht hat.
– Peter Steinlechner
Peter Steinlechner stellte in einem Artikel eine durchaus umfangreiche Studie zum Videospielstandort Deutschland vor. Seine Ausführungen sind mitunter ergänzend zum Gespräch mit dem Berlin Games Club, wobei sich die Aussagen der Studie mit denen der vier Entwickler weitgehend überschneiden.
YouTube
Anstatt dass Entwickler Bungie die neuerlich selbstverschuldeten Brandherde in der eigenen Spielerschaft durch substanzielle Inhaltserweiterungen bekämpft, beschloss man eine Kooperation mit Amazons Alexa vorzustellen. Der Zeitpunkt hätte nicht ungünstiger sein können, zumal der Vorwurf "einfach nur schnelles Geld mit der IP" machen zu wollen, eh im Raum stand.

Nicht nur der US-amerikanische Staat, sondern auch einige Bundesstaaten erwägen weitere Schritte gegenüber ablehnungswürdigen Geschäftsgebaren verschiedener Triple-A Publisher. Beispielsweise kündigte der Bundesstaat Hawaii Maßnahmen gegen diese sogenannten „Raubpraktiken“ bei Electronic Arts und anderen Unternehmen an.

Neben all den negativen Schlagzeilen, die das Ende des Videospieljahres 2017 dominierten, gab es im Stillen aber auch bemerkenswert amüsante Veröffentlichungen, die zwar genau so erschütternd sind und dennoch den ein oder anderen, wenn auch ungewollten, Lacher hervorbrachten.
