Digitale Electronic Entertainment Expo Auch im Jahr 2021 fiel die E3 faktisch aus

Hannes Letsch9 Minuten Lesezeit

Übersicht

Eigentlich sollte ein Artikel zur Electronic Entertainment Expo (E3) 2021, der laut Veranstalter ersten vollwertig geplanten Digital-Videospielmesse verfasst werden. Erste Erfahrungen einer digitalen Messe könnten somit behandelt werden, um die Vor- und Nachteile des Digitalen gegen über Präsenzmessen herauszuarbeiten. Aus schier unerklärlichen Gründen fiel leider die versprochene, digitale E3 aus – stattdessen entschieden sich die Veranstalter über mehr als drei Tage hinweg Render-Trailer am laufenden Band auszustrahlen. 2020 hatte man sich dazu entschieden, die Messe aufgrund der Corona-Pandemie nominell ausfallen zu lassen. Dafür sollte mehr oder weniger als Ausgleich 2021 größer, besser und vor allem digital vollumfänglich werden. Getrübt war das Messe-Event von vorneherein, denn Sony respektive PlayStation hatte sich bereits vor der Pandemie langfristig verabschiedet. Das oder eines der größten Pressehighlights war somit außen vor. Umso mehr bestand die Dringlichkeit ein gewisses Niveau durch die anderen Teilnehmer sicherzustellen, denn die Ansprüche der Zuschauer waren aufgrund des eigenen Marketings „the best and biggest games“ hoch.

Viel heiße Luft um nichts oder muss man das Kleine im Ganzen schätzen lernen?

Das rein digitale Event hatte einen gewissen nostalgischen Touch, weil es viel von dem, was ansonsten nur die Fachpresse vorgesetzt bekommt, ins Wohnzimmer über die Streamingplattformen Twitch und YouTube transportierte. Der Fachkundige fühlte sich an das erinnert, was vor der Corona-Pandemie jährlich in Präsenz auf dem Show-Floor in Los Angeles stattfand. Zuviel Langweiliges, zu wenig Konkretes, Innovatives oder wirklich Neues. Die E3 2021 fand als Termin vom 12.06. bis 15.06.2021 statt. Während im Jahr 2020 häppchenweise über den Sommer immer wieder kleine digitale Präsentationen der verschiedenen Publisher durchgeführt wurden, sollte die E3 klassisch Pressekonferenz nach Pressekonferenz übertragen.

Das Schlimme war, dass die E3 vergleichbar zur Konkurrenz namens „Gamescom 2020“ ablief, obwohl die Veranstalter viel mehr Zeit hatten aus den Fehlern der ersten digitalen Gamescom zu lernen. Stattdessen war die E3 2021 ein organisatorisches Durcheinander, das einzig durch die Zeitblöcke „Ubisoft“, „Xbox und Bethesda“, „Take 2 Interactive“, „Devolver Digital“, „Koch Media“, „Square Enix“, „Capcom“ und „Nintendo“ etwas Struktur fand. Überfrachtet und unkuratiert wurde der Zuschauer mit Informationen per Kipplaster zugeschüttet. Einer der wenigen Vorteile bestand in Retrospektive darin, nicht gestresst von Messestand zu Messestand rennen zu müssen, um das zu erleben, was man diesjährig per Stream in Kette präsentiert bekommen hat. Die E3 2021 war durch das Digitale entschleunigt und blieb trotz langsamerer Taktung ein Rätsel: Wie wenig die Erwartungen der Zuschauer in den Köpfen der Produzenten der E3 und den Publishern verhaftet sind, obwohl die Erwartungen den Versprechungen „the best and biggest games“ entsprechen, ist erstaunlich.

Sowohl die E3 als auch das Summer Game Fest als sogenannte „pre-show“ waren kaum das Zuschauen wert, weil dem Interessierten Render-Trailer nach Render-Trailer an den Kopf geklatscht wurde. Moderationen und andere zwischengeschaltete Inhalte besaßen keinerlei Mehrwert. Entspannter konnten Findige diese generische Ummantelung umgehen, indem sie auf YouTube die Trailer einzeln und nach Interesse gefiltert anschauen konnten. IGN und andere Media Outlets machten dies möglich, denn fast exakt nach der letzten Sekunde des jeweiligen Trailers im Livestream wurde derselbe mehrfach auf den verschiedenen YouTube-Kanälen veröffentlicht.

Sämtliche digitale Veranstaltungen besaßen somit keinerlei Exklusivität. Es gab auch keinerlei Plattformen, um das digitale Eingebundensein der Zuschauer zu fördern. Eine Möglichkeit, die verschiedenen Titeln näher kennenzulernen (Demos, Präsentationsseiten, Gameplay-Videos), gab es nicht. Ausnahmslos wurde der Zuschauer mit Informationen zugestopft, die reines – und zumeist eher schlechtes – Marketing waren. Selbst die teilweise eingespielten Interviews mit Entwicklern waren durchzogen mit Marketingfloskeln bzw. -fragen. Der in der Anmoderation versprochene „in-depth-look“ wurde nicht ansatzweise verfolgt. Man maßte sich an, zu denken, dass Fülltrichter anstatt Menschen zu hunderttausend den jeweiligen Streams anschauen würden. Inhaltsleer wurde Minute um Minute vergeudet, die Aufmerksamkeit des Zuschauers einzusammeln und zu bündeln.

Es muss doch was Wesentliches dabei sein, oder?!

Das Event bot vergleichbar unerträglich zur Gamescom 2020 kaum Inhalt, über den aus der Perspektive „Videospiel“ berichtet werden kann. Der Trend das Produkt zu verstecken, indem man ausschließlich Render-Trailer im filmischen Kostüm präsentiert, wurde auf der diesjährigen E3 intensiviert. Kaum ein Spiel wurde vorgestellt, weil es weder „Gameplay“, das heißte echte Spielszenen zu sehen gab, noch in Gesprächen (Panels) weitere wesentliche Informationen zum Spiel präsentiert wurden. Stattdessen schaffte es etwa Microsoft aus wirtschaftlicher Sicht erfolgreich ein Abonnement namens „Game Pass“ dem Zuschauer schier aufzuzwingen, denn fast jedes vorgestellte Videospiel der eigenen Pressekonferenz sei in diesem Abo enthalten. So müsse sich der Zuschauer keine Sorgen machen etwas zu verpassen, wenn er oder sie nur das Abonnement möglichst jetzt abschließt.

Gefühlt kann man dieses Render-Trailer-Spektakel als ein Novum bezeichnen. Womöglich konnten die verschiedenen Publisher auf echte Spielszenen verzichten, weil es keine Vertreter der Medien zu überzeugen galt, die außerhalb des Events stetig die Werbetrommel rühren, um bestmöglich den Vorverkauf anzukurbeln. Genauso denkbar wäre auch, dass die Industrie tatsächlich kaum etwas vorzuzeigen hat. Gehandicapt von der Corona-Pandemie und den nicht zu erahnenden organisatorischen Problemen in der Entwicklung könnten viele Videospieltitel im Zeitplan zurückgeworfen worden sein. Warum dann allerdings die E3 stattfand, ist nicht wirklich zu erklären.

Die angebotene Fantasie der Trailer funktionierte in der breiten Zuschauermasse trotzdem. Obwohl es enttäuschend wenig etwa von „Starfield“ (Bethesda Softworks), „Zelda: Breath of the Wild 2“ (Nintendo) und so weiter zu sehen gab, funktionierte die Falle „Neugier“ abermals (vgl. z.B. Vorverkäufe von „Battlefield 2042“ auf Steam). Den Publishern zu glauben, dass kleine Schriftzüge im Trailer (z.B. „Game Engine Footage“) auch tatsächlich die gleiche optisch-auditive Qualität im Spiel versprechen, ist blauäugig. Erst recht, wenn auf der E3 das Beispiel „Battlefield 2042“ (DICE) die visuellen Unterschiede zwischen „Reveal Trailer“ vom 09.06. und „Gameplay Trailer“ vom 13.06. deutlich macht.

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Schier krampfhaft wurde hinter jeden der nichtssagenden Trailer zumindest ein Veröffentlichungsjahr meist ohne Monat und Tag gepappt, um irgendwie Vorfreude zu generieren. Auch hier wäre es blauäugig zu glauben, dass das Veröffentlichungsdatum zumindest in der Jahresangabe definitiv stimmen muss. Sofern die Aussagen der Entwickler zutreffen, dass die noch nicht überstandene Corona-Pandemie ihre Spuren in den Entwicklerstudios hinterlässt, ist eine Angabe eines Veröffentlichungsjahr oder -datums mutig. Immerhin lassen sich viele der Titel bereits vorbestellen; eben deshalb, weil ein Veröffentlichungsdatum gegeben wurde. Und der, der vorbestellt, wird noch mehr Vorfreude verspüren als der, der wartet, oder nicht?

Ironisch genug, dass der Trailer zu „The Outer Worlds 2“ genau das auf die Schippe nimmt, was ansonsten über die gesamte E3 hinweg versucht wurde ernsthaft zu kommunizieren. Traurig genug, dass solch eine scheinheilige Spielankündigung es auf die viele Top-Listen der besten E3-Videospiele schaffte.

Die Publisher „Koch Media“, „Ubisoft“, „Take 2 Interactive“ und „Capcom“ schienen sich gegenseitig im Inhatslosen übertreffen zu wollen. Neue, innovative Videospiele standen in Form von „Gameplay“ oder Ähnlichem gewiss nicht im Zentrum. „Ubisoft“ beschränkte sich darauf, generische, bekannte Videospiel-IPs zu iterieren, anstatt bereits vorgestellte, spannendere Titel (z.B. „Beyond Good and Evil 2“) ein Update zu spendieren. Während „Take 2 Interactive“ eine in Ton und Bild(qualität) gleichende Zoom-Sitzung zum Thema „Inklusion“ ohne Untertitel in verschiedenen Sprachen als echte Pressekonferenz verkaufte, versuchte sich „Capcom“ äußerst kurz zu halten, indem man kaum ein neues Videospiel präsentierte. „Koch Media“ hingegen zeigte wie „Take 2 Interactive“ gar keine Spielszenen, und versuchte stattdessen mit inhaltslosen Marketing-Interviews über zwei Stunden hinweg den Zuschauer zu unterhalten. Dass das angekündigte, neue „Premium Label“ von „Koch Media“ namens „Prime Matter“ nur sehr wenige der herausragenden Triple-A Videospiele (z.B. „Metro Exodus“, 2019 oder die „Saints Row“-Reihe) enthält, blieb Nebensache.

Das Summer Game Fest, das Geoff Keighley friedlich generische An- und Abmoderationen ermöglichte, kann in Retrospektive als Warnschuss für die darauffolgende Electronic Entertainment Expo verstanden werden. Hauptsächlich aus Indie-Titeln bestehend wurde sehr zäh immer und immer wieder sich stark ähnelnde Spielkonzepte vorgestellt, ohne dass echte neue Impulse im Bereich der Spielmechaniken zu sehen waren. Rettungsversuche, wie etwa eine Musikeinlage der Band „Weezer“, wirkten zusätzlich deplatziert, weil sie derart integriert kaum etwas mit der Kunstform „Videospiel“ zu tun haben können.

Der Ehrgeiz und die Kreativität im Design und den Gameplay-Zyklen der verschiedenen Indie-Titel war definitiv spürbar und im Vergleich zu den nachfolgenden E3-Pressekonferenzen geradezu herausragend. Allerdings sind viele dieser Titel kaum ansprechend, weil Konzepte kopiert werden, anstatt Neues zu entwickeln. Der gefühlt fünfzigste zweidimensionale Pixelart-Sidescroller kann nicht überzeugen, weil diese Art Spiel nur als Nischenprodukt funktioniert und das Angebot mittlerweile die Nachfrage zu sehr übersteigt. Kopieren reduziert Varianz, auch wenn die tausenden kaufbaren Spiele etwas anderes suggerieren. Keighleys Mantra „Gaming has never been so great“ stimmt eben nicht per se, sondern braucht ein für den Kunden erlebbares Abbild. Wie die Triple-A Industrie müssen finanzstärkere / einflussreichere Teile der Indie- oder Double-A-Szene erkennen, dass ein immergleiches „Weiter so“ auf Dauer weder wirtschaftlich noch künstlerisch funktionieren wird.

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