Die dem Spiel „Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty“ (Konami, 2001) beiliegende Demo-CD konnte verunsichern, weil abgesehen vom Titel das Optische eher so aussah, als ob man Metal Gear Rex in einem separaten Spiel selbst steuern darf. Ein sogenannter „Rip-off“, eine zusätzliche Idee, die vermeintlich nicht zum Konzept des Hauptspiels passte und deshalb sein eigenes spendiert bekam. 2001 veröffentlichte Konami dieses „Zone of the Enders“ und spätestens dann war klar, dass das ungefähr fünfstündige Toben durch Welten des 22. Jahrhunderts mit einem Mech namens „Jehuty“ ein komplett eigenständiges Spiel sein sollte, das tatsächlich nur optisch etwas mit „Metal Gear“ zu tun hatte. Der Grund hierfür war Hideo Kojima beziehungsweise noch eher Yoji Shinkawa, der diskutabel das eigentliche Genie ist, weil er sämtliche Designkonzeptes sowohl für „Metal Gear“ als auch für „Zone of the Enders“ entwarf. Zwei Jahre später, anknüpfend und überzeugt von der Spielidee wurde „The 2nd Runner“ veröffentlicht, das das ursprüngliche Universum erheblich erweiterte, während es zusätzlich an Komplexität des Kampfsystems auf mehreren Ebenen gewann. Eine erneute Veröffentlichung desselben zweiten Titels fand Ende 2012 für die PlayStation 3 und die Xbox 360 statt. Die gepanschte, zweite Wiederveröffentlichung, dieses Mal für die PlayStation 4 und PC als vollwertiges VR-Spiel ist: „Zone of the Enders: The 2nd Runner - M∀RS“.
Erschienen am
04. September 2018
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Erstaunlicher Weise gibt es bis heute kaum Videospiele aus dem Mech-Genre, die basierend auf diesen monströsen Maschinen mit interessanten Spielmechaniken und Konzepten reizen können, vor allem wenn man bedenkt, wie vielfältig und unterschiedlich deren Fähigkeiten und Aussehen ausgestaltet werden könnten. Es sind nicht wirklich Grenzen gesetzt, wenn es um das Simulieren des Steuerns eines solchen Ungetüms geht und dennoch werden Spiele wie „Armored Core“ (zuletzt: „Armored Core: Verdict Day“, FromSoftware, 2013) nicht reihenweise auf den Markt geschmissen, dabei die heutigen Technologien, die Videospiele formen mehr als ausreichend wären, um nicht nur visuell und auditiv zu begeistern. Mechas nehmen eher Nebenrollen ein, egal ob in „Titanfall“ (zuletzt: „Titanfall 2“, Respawn Entertainment, 2016) oder „Xenoblade Chronicles X“ (Monolith Soft, 2015). Selbst Werke, die deren Namen im Titel tragen setzen diese Maschinen nicht ins absolute Zentrum: Beispielsweise erlaubte Hideo Kojima erst im vierten Teil der „Metal Gear Solid“ Spiele sich ans Steuer einen riesigen, zweibeinigen Titanpanzer zu setzen, obwohl sein Name schon immer im Titel verankert war.
Die Geschichte, die sich zwei Jahre nach „Zone of the Enders“ entfaltet, spielt in den Jahren eines Jahrtausends, in denen Menschen begonnen haben, sich auf dem Mars und anderen Trabanten des Weltraums niederzulassen. Mit dieser Expansion kam die Entdeckung eines aufgeladenen Erzes, das unter dem Namen „Metatron“ bekannt, und vornehmlich auf Kallisto, einem der vielen Monde Jupiters abgebaut wird. Die Entdeckung dieses Erzes brachte schnelle technologische Fortschritte mit sich, vor allem in Form riesiger Mechs. Die Menschen auf der Erde sind denen auf anderen Planeten wohnend nicht so freundlich gesinnt, weshalb sie diese in Kolonien lebenden aus irgendeinem Grund als die „Enders“ bezeichnen. Daraus leitet sich nicht nur der Titel der Serie ab, sondern gibt auch der Region von Mars bis Jupiter, in der das Spiel stattfindet, ihren Namen: Die Zone der Enders. Die rücksichtslose, militärisch geprägte Fraktion genannt „BARAM“ ist Konsequenz der Reibereien, die eine Unabhängigkeit von der Erde mit Gewalt erzwingen will. Ohne zu viel vorweg zu nehmen ist es eine recht eindringliche Erzählung, die paradoxerweise sehr einfach gestrickt ist aber gleichzeitig sehr verwirrend sein kann. Genauso wie „Metal Gear Solid“ hat auch dieses Spiel das Problem, dass Charaktere ständig über die Welt sprechen, in der sie leben und über das, was darin vor sich geht, man als Spieler aber nicht die Chance erhält, dies mit eigenen Augen zu sehen, um wirklich alles nachvollziehen zu können. „Zone of the Enders: The 2nd Runner - M∀RS“ intensiviert dies, weil zumindest in „Metal Gear Solid“ ein ähnliches Umfeld zur Realität präsentiert wurde.
Nach 15 Jahren ist „Zone of the Enders: The 2nd Runner“ immer noch spielerisch herausragend, weil es eine alternative Herangehensweise wählt: Es kombiniert die Geschwindigkeit eines „Beat 'em Up“ Kampfspiels mit typischen Attacken und Bewegungsmustern eines Mechs und wählt Stilelemente des Manga beziehungsweise Animes, um die grafische Grobschlächtigkeit der Charaktere sowie deren Mimik und Gestik zu umschiffen. Als intuitiv spielender Arcade-Shooter und, weil durch Kojima mit Zwischensequenzen im Anime Stil vollgestopft, liefert dieses „Remake“ genau das, was es soll: Eine Hand voll eingängiger, weil effektgeladener Kämpfe in der Luft, die, sofern man es mit einer VR-Brille spielt, nicht wirklich was für schwache Mägen sind. Ein „Remake“ im Sinne einer Neuinterpretation ist das Spiel nicht, mehr ein „Remaster“, das mehr denn je auf Hochglanz poliert wurde und erneut zum Verkauf steht. Die einzige Neuerung ist die VR-Adaption, die wiederum von der Schlichtheit der verschiedenen Level und Spielfiguren profitiert. Pro besserer Bildwiederholungsrate und Auflösung wurden die sehr klaren und an „Metal Gear Solid“ Spiele der 2000er erinnerten Texturen erhalten, was den dicht an Kleinbildschirme gedrückten Augen einiges an Anstrengung erspart.
Die Entwickler schienen sich daran zu erinnern, dass ein Mech sich wie ein solcher auch hinter einer VR-Brille anfühlen muss, das heißt ein Additiv musste im Gegensatz zum Spielen am üblichen Bildschirm entwickelt werden. Die Idee, das Cockpit des Mechs „Jehuty“ vollumfänglich und exklusiv für den VR-Modus zu integrieren, geht auf. Trotz der möglicherweise sich langsam einschleichenden Verwirrung, wer nun was wieso möchte und welche Konflikte eigentlich gerade am Wabern sind, hält das Spiel einen allein aufgrund seiner Optik in der Immersion. Allein Yoji Shinkawa ist dies zuzuschreiben, der durch seine Designidee, ägyptische Kultur in ein Science-Fiction Korsett zu stecken, eine Alterung des Spiels fast gänzlich außer Kraft gesetzt hat. Eine Ausnahme gibt es allerdings, denn was in der Vergangenheit womöglich eine innovative Spielform darstellte, ist mittlerweile schier abgedroschen: Komplett auf Arenakämpfen basierend werden einem Gegner entgegengeworfen, die es gilt in recht schnellen Kombinationen aus Nah- und Fernangriffen außer Gefecht zu setzen. Die Handschrift Kojimas liegt hinsichtlich Spielmechaniken primär auf den Bosskämpfen, die ganz nach seinem Geschmack mehr als interaktives Puzzle aufgebaut sind, als stumpfes Draufhauen zu belohnen. Der Kampf ist derart visuell und mental fesselnd, dass er das Gefühl der Kontrolle eines hochentwickelten Maschinensystems einfängt, das mit seiner Agilität die meisten seiner Konkurrenten ausmanövrieren kann. Obwohl das Kampfsystem im Vergleich zu anderen Spielen des gleichen Genres nicht derart ausgefeilt ist, kann es sowohl diejenigen, die eine Herausforderung suchen als auch jene, die einfach nur einen Mech spielen wollen, überzeugen.
Das eigentliche Highlight des Spiels dürfte aber überwiegend im Ende dessen liegen. Nicht unbedingt deshalb, weil für manche Geschmäcker etwas zu lange das Gleiche zu spielen ist, sondern weil die Handlung in einer nachvollziehbaren Conclusio mündet. Nicht der erste Teil, sondern „Zone of the Enders: The 2nd Runner“ ist die eigentliche Basis dieser Franchise und obwohl somit die Entwickler ihren Fluss im Spiel gefunden hatten, gibt es bis heute trotz jüngster Versuche keine Fortsetzung. Seit 2008 schwirrte „Zone of the Enders 3“ als Konzeptentwicklung durch die Medien. 2012 bestätigt Kojima gar, dass die Arbeiten begonnen hätten, doch spätestens seit dem gleichzeitigen Abgang von ihm und Yoji Shinkawa ist eine Fortsetzung recht unwahrscheinlich. Zusätzlich verursachte die Veröffentlichung der „HD-Collections“ derart negative Wellen aufgrund technischer Mängel, sodass ein jähes Ende des Projekts, bevor es überhaupt eine Chance hatte, wirklich in Gang zu kommen, unausweichlich wurde. „Zone of the Enders: The 2nd Runner - M∀RS“ ist das erste Spiel seit langem, das zumindest als „Remaster“ vollumfänglich abliefert – und das im positiven Sinne.