Erfurt, 26. April 2002: Ein 19-jähriger betritt mit einer Waffe in der Hand seine Schule und richtet ein Massaker an. Da er Gewaltvideos und vor allem das Computerspiel „Counterstrike“ bevorzugte, wurden schnell Rufe nach einem Verbot dieser Medien durch die aufgeschreckte Gesellschaft und Gesetzgeber laut. Durch die hohe Geschwindigkeit, mit welcher die Gesetze verabschiedet wurden, bleibt keine Zeit für die notwenige Diskussion (Filmdienst 08/2003: „Ideal und Wirklichkeit“, dreipunktdrei mediengesellschaft mbH, Bonn).
Problemstellung
Doch andere Länder scheinen diese Probleme nicht zu besitzen, wird Filmzensur in anderen europäischen Staaten wie Italien, Frankreich oder der Schweiz von staatlicher Seite gar nicht und beispielsweise in Großbritannien nur in äußersten Ausnahmefällen betrieben (auf der Liste der „Video Nasties“ befindet sich zur Zeit kein einziger Film) (Critical-Film.com: The Video Nasties, abgerufen am 24.05.2014). Durch das Internet besorgen sich immer mehr Nutzer aus diesem Grund digitale Medien aus dem Ausland, die Vertreiber raten sogar zu dieser Maßnahme (Gamestar: Medal of Honor – 18er Freigabe und trotzdem geschnitten, abgerufen am 24.05.2014). Sowohl von Konsumenten (Deutscher Bundestag: Petition: Jugendschutz – Einführung des PEGI-Systems für Deutschland, abgerufen am 24.05.2012), als auch von Firmen (GIGA: PEGI vs. USK – EA fordert PEGI für Deutschland, abgerufen am 24.05.2012) wird gefordert, die Freigaben des europäischen Auslandes, also beispielsweise das bereits in ganz Europa genutzte PEGI-Zeichen (Pan European Game Information) auch für Spiele in Deutschland zu verwenden. Aber sind einheitliche Altersfreigaben für digitale Medien, sobald sie europaweit eingeführt werden sollten, überhaupt sinnvoll und realisierbar?
Aktuelle Altersfreigaben
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, wird im ersten Teil eine Bestandsaufnahme der aktuellen Altersfreigaben in den beiden zur EU gehörenden Ländern Deutschland und Großbritannien durchgeführt. Diese beiden Länder wurden aufgrund der häufig völlig unterschiedlichen Bewertungen gewählt. Jeweils genannt sind die verschiedenen Freigaben, das heißt die Altersklassen, nach welchen getrennt wird und die Prüfer, das heißt, welche Gruppen (kulturell, religiös, gesellschaftlich) bei der Beurteilung mit einbezogen werden.
Deutschland
In Deutschland wird bei Unterhaltungsmedien zwischen Filmen und Serien, Videospielen und von Fernsehsendern ausgestrahlten Filmen und Serien unterschieden. Hierfür sind drei verschiedene Einrichtungen für jedes einzelne Medium vorhanden: die FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) (Webseite FSK, abgerufen am 26.05.2014), die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) (Webseite USK, abgerufen am 26.05.2014) und die FSF (Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen) (Webseite FSF, 2014, abgerufen am 26.05.2014).
FSK
Die FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, 2014) ist in Deutschland für die Überprüfung von Filmen und Serien zuständig. Die verschiedenen Freigaben sind „Freigegeben ohne Altersbeschränkung / FSK ab 0 freigegeben“, „FSK ab 6 freigegeben“, „FSK ab 12 freigegeben“, „FSK ab 16 freigegeben“, „FSK ab 18 / keine Jugendfreigabe“ (Webseite FSK: Alterseinstufungen und FSK-Kennzeichen, abgerufen am 26.05.2014). Bei der Bewertung wird darauf geachtet, inwiefern die filmische Darstellung im Bezug zur Entwicklung und den Fähigkeiten des Gehirns des Zuschauers steht. So gibt die FSK bei der Freigabe „FSK ab 0 freigeben“ an: „Kleinkinder erleben filmische Darstellungen unmittelbar und spontan. Ihre [...] kognitive[n] und strukturierenden Fähigkeiten sind noch kaum ausgebildet. Gewaltaktionen [würden] Ängste [aus]lösen, die nicht selbständig [...] abgebaut werden [könnten].“ (Webseite FSK: Altersstufen und FSK-Kennzeichen: FSK ab 0 freigegeben / Freigegeben ohne Altersbeschränkung, abgerufen am 26.05.2014)
Durch die Weiterentwicklung der Fähigkeiten („bei Kindern und Jugendlichen dieser Altersgruppe, [FSK ab 12 freigegeben], ist die Fähigkeit der distanzierten Wahrnehmung [...] bereits ausgebildet.“) (Webseite FSK: Altersstufen und FSK-Kennzeichen: FSK ab 12 freigegeben, abgerufen am 26.05.2014), darf die Erregungsintensität des Films ebenfalls steigen.
Doch selbst eine Freigabe ab 18 („FSK ab 18 / keine Jugendfreigabe“) darf nur vergeben werde, sollte keine leichte, bzw. schwere Jugendgefährdung vorliegen (Webseite FSK: Altersstufen und FSK-Kennzeichen: FSK ab 18 / kein Jugendfreigabe, 2014, abgerufen am 26.05.2014). Sollte eine solche vorliegen, kann selbst ein sonst nur für Volljährige verfügbarer Film mit keiner Kennzeichnung versehen werden. Besitzt ein Film keine Kennzeichnung, besteht die Möglichkeit einer Indizierung. Jedoch stellt keine Kennzeichnung kein Aufführungsverbot für Kinos da, diese zeigen die Filme jedoch auf ihr eigenes rechtliches Risiko (Webseite FSK: Altersstufen und FSK-Kennzeichen: Keine Kennzeichnung, abgerufen am 26.05.2014).
Die Prüferinnen und Prüfer werden jeweils auf drei Jahre benannt. Sie müssen unabhängig und „frei von Weisungen“ sein, sowie nicht in einem „Unternehmen der Branche“ tätig. Aus allen gesellschaftlichen Bereichen sind Vertreter bei der Prüfung beschäftigt, unter ihnen zum Beispiel Journalisten, Lehrer, Psychologen, Medienwissenschaftler, Filmhistoriker, Studenten, Sozialarbeiter, Richter und Staatsanwälte (Webseite FSK: Prüferinnen und Prüfer, abgerufen am 26.05.2014).
Im Prüfverfahren muss für den deutschen Vertrieb eines Films ein Antragsteller (meist der deutsche Vertreiber) den Film einreichen. Er wird daraufhin von ersten Instanz (Arbeitsausschuss) überprüft und es wird von jedem einzelnen Mitglied eine Empfehlung abgeben. Sollte die überstimmte Minderheit Einspruch erheben, wird das Medium abermals von einer zweiten Instanz (Hauptausschuss) überprüft und abermals eine Empfehlung abgegeben, die dem Antragssteller und der obersten Landesjugendbehörde mitgeteilt wird. Haben diese einen Einspruch, findet sich die dritte Instanz (Appellation) zusammen, die ebenfalls eine Überprüfung des Mediums vornimmt und eine Freigabe ausspricht, die bindend ist und auf die kein Einspruch mehr eingelegt werden kann. Sollten die Prüfer der FSK zu dem Schluss kommen, keine Freigabe zu vergeben, wird das Medium automatisch der BPjM (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien) zur Prüfung vorgelegt (Medienzensur.de: Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK): Prüfverfahren, abgerufen am 26.05.2014).
Zudem gibt es eine Statistik, welche Freigaben für Kinofilme ausgesprochen wurden – sehr deutlich lässt sich der große Anteil der Filme bis zur 12er-Freigabe („FSK ab 0 freigegeben / ohne Altersbeschränkung“, „FSK ab 6 freigegeben“, „FSK ab 12 freigegeben“) erkennen, gegen welchen der Teil mit einer Freigabe ab mindestens 16 Jahren („FSK ab 16“, „FSK ab 18“) vergleichsweise klein erscheint.
Spio/JK
Zusätzlich zur FSK existiert die SPIO/JK (Juristenkommission der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft), die, sollte die FSK keine Freigabe erteilen, Freigaben aufstellt. Die beiden möglichen Freigaben lauten „SPIO/JK geprüft: keine schwere Jugendgefährdung“ und „SPIO/JK geprüft: strafrechtlich unbedenklich“. Der Sinn dieser zusätzlichen Prüfung ist es, dem Vertreiber zusätzliche Rechtssicherheit zu geben, gerade im Hinblick auf Verbreitungsverbotstatbestände. Eine rechtlich bindende Wirkung ähnlich der FSK-Freigabe entfalten diese Freigaben jedoch nicht (Immanuel Fick: Filmzombies und Kinokannibalen, Tectum Verlag Marburg, 2010).
USK
Die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) ist in Deutschland für die Überprüfung von Videospielen zuständig. Die verschiedenen Freigaben sind „Freigegeben ohne Altersbeschränkung“, „Freigegeben ab 6 Jahren“, „Freigegeben ab 12 Jahren“, „Freigegeben ab 16 Jahren“ und „Keine Jugendfreigabe“ (Webseite USK: Die fünf Kennzeichen und was sie bedeuten, abgerufen am 26.05.2014). Wie auch schon bei Filmen wird bei der Bewertung auf den Zusammenhang zwischen Alter und Spiel geachtet; Spiele, die „ohne Altersbeschränkung“ freigegeben sind, „richten sich direkt an Kinder [...], darunter fallen familienfreundliche Spiele [...], die keine Beeinträchtigung für Kinder beinhalten.“ (Webseite USK: Die fünf Kennzeichen und was sie bedeuten: Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß §14 JuSchG ) Die Tauglichkeit und der Wert als Familienunterhaltung nimmt mit erhöhten Alterskennzeichnungen immer weiter ab, so sind „Spiele, [die ab 12 Jahren freigegeben sind], bereits deutlich kampfbetonter.“ (Webseite USK: Die fünf Kennzeichen und was sie bedeuten: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG)
Das Prüfverfahren ist dem der FSK sehr ähnlich, das Spiel wird jedoch logischerweise von einem Sichter vollständig durchgespielt, sodass aufgrund jeder Szene bewertet werden kann. Dieser Sichter stellt das Spiel in seinen wichtigsten Szenen dem Gremium – wieder bestehend aus Vertretern (Jugendschutzsachverständigen), beispielsweise Pädagogen, Journalisten, Sozialwissenschaftlern oder Mitarbeitern in Jugendämtern – diesmal jedoch ohne Vertreter der Industrie - vor, welches das Videospiel bewertet und eine Altersempfehlung ausspricht. Wie bereits bei der FSK kann der Antragssteller (meist Publisher in Deutschland) sowohl bei einer ausgesprochenen, als auch bei einer verweigerten Altersfreigabe in Berufung gehen, sodass das Videospiel bis zu zwei Stufen des Berufungsverfahrens und damit erneuten Tests durchläuft. Die ausgesprochene Altersfreigabe wird einem ständigen Vertreter der OLJB (Oberste Landesjugendbehörde) mitgeteilt (USK-Webseite: Prüfverfahren, abgerufen am 01.06.2014).
Bei der USK existiert ebenfalls eine Statistik der vergebenen Freigaben. Interessanterweise sind fast die Hälfte – trotz „Killerspiel-Diskussion“ – Spiele, die eine Altersfreigabe ab 0 Jahren erhalten haben. Gerade einmal 20 % sind Spiele, die erst von 16- oder 18-jährigen gespielt werden dürfen und meist in die Kategorie der stark-Action-lastigen Spiele fallen.
FSF
Die FSF (Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen) ist für Freigaben von Filmen und Serien für bestimmte Sendezeiten zuständig. Die Sendezeiten eines Films oder einer Serie hängen direkt mit der vergebenen Freigabe zusammen: ein Medium „ab 0 Jahren“ oder „ab 6 Jahren“ darf jederzeit, eines „ab 12 Jahren“ ab 20:00 Uhr (mit im weiteren Verlauf dieses Textes geannten Ausnahmen), eines „ab 16 Jahren“ ab 22:00 Uhr und eines „ab 18 Jahren“ zwischen 23:00 und 6:00 Uhr ausgestrahlt werden (FSF-Webseite: Programmprüfung, abgerufen am 01.06.2014). Geprüft werden vor allem Serien, Filme, die vorher weder im Kino, noch auf DVD erschienen sind und Filme, die von der FSK ab 12 Jahren freigegeben wurden, jedoch im Tagesprogramm gezeigt werden sollen (FSF-Webseite: Prüfentscheidungen, abgerufen am 01.06.2014).
Bereits vorher von der FSK freigegebene Filme und Serien werden von der FSF erneut überprüft, sollte der Antragssteller eine andere Sendezeit als die mögliche anstreben. Wurde ein Film von der FSK ab 12 Jahren freigegeben, der Antragssteller möchte diesen jedoch im Tagesprogramm zwischen 6:00 und 20:00 Uhr zeigen, wird überprüft, ob der Film Szenen beinhaltet, die Personen unter 12 Jahren beeinträchtigen könnte (FSF-Webseite: Antragsstellung, abgerufen am 01.06.2014). In einem Prüfverfahren wird das Medium von den Prüferinnen und Prüfern – wie auch bei der FSK und USK aus verschiedenen Berufen stammend, beispielsweise Drehbuchautoren, Journalisten oder Mitarbeiter in Jugendmedienzentren – vollständig angeguckt und in einer anschließenden Diskussion die Freigabe abgestimmt. Nach dem Mehrheitsprinzip entscheidend kann die beantragte Freigabe stattgegeben, verweigert oder aber nur durch Schnittauflagen erreicht werden (FSF-Webseite: Prüfung, abgerufen am 01.06.2014).
Laut FSF wurden in den Jahren 2003 bis 2012 hauptsächlich Freigaben für das Tagesprogramm beantragt (FSF-Webseite: Statistik: Welche Sendezeiten wurden beantragt?, abgerufen am 02.06.2012).
BPjM
Die BPjM (Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien) tritt – wie bereits im Abschnitt der FSK erwähnt – ein, sobald ein digitales Medium, das von der FSK oder USK bewertet wurde (nicht von der FSF), jedoch keine Freigabe erhalten hat. Die BPjM prüft daraufhin das Medium erneut nach §18 des JuSchG (Jugendschutzgesetz). In diesem lautet es:
Sollte das Medium gegen einen Punkt dieses Paragraphen verstoßen, wird es in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen, also indiziert (BPjM-Webseite: Was kann Gegenstand einer Indizierung werden?, abgerufen via Internet Archive am 02.06.2014). Die Folgen einer Indizierung sind in §15 des JuSchG festgehalten. Dadurch „ist [es] verboten, Kindern oder Jugendlichen indizierte Medien anzubieten, zu überlassen oder zugänglich zu machen.“ Eine Ausnahme ist möglich, sollte der Verkäufer sicherstellen können, dass der Zugang zu dem Medium nur volljährigen Personen möglich ist, das heißt in „speziellen“ Läden (BPjM-Webseite: Welche Folgen werden durch eine Indizierung ausgelöst?, abgerufen via Internet Archive am 02.06.2014).
Träger- und Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, sind von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen. Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien sowie Medien, in denen Gewalthandlungen, insbesondere Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahe gelegt wird.
– §18 JuschG
Großbritannien
In Großbritannien gibt es zwei prüfende Instanzen: die BBFC (British Board of Film Classification) und die PEGI (BBFC-Webseite: Mission Statement, abgerufen am 03.06.2014). Erstere überprüft Filme und Serien, die PEGI – im Großteil der EU Gültigkeit besitzend – vergibt die Freigaben von Videospielen.
BBFC
Die BBFC (British Board of Film Classification) überprüft Filme und Serien (BBFC Guidelines Research – Public Opinions & the BBFC Guidelines, 2014). Die Freigaben entsprechen – bis auf wenige Abänderungen – den deutschen: U (Universal), freigegeben für alle Altersgruppen, entsprechend „FSK ab 0 freigegeben / ohne Altersbeschränkung“, PG (Parental Guidance), freigegeben für alle Altersgruppen, Eltern werden jedoch darauf hingewiesen, dass manche Szenen für Kinder unter sieben Jahren ungeeignet sein könnten, 12A (Accompained / Advisory), freigegeben ab 12 Jahren, Kinder unter 12 dürfen jedoch mit ihren Eltern den Kinofilm betreten, entsprechend der neuen PG-12-Freigabe in Deutschland (FSK-Webseite: FSK – Altersstufen und FSK-Kennzeichen: Parenteal Guidance, abgerufen am 03.06.2014), 12, freigegeben ab 12 Jahren, entsprechend der selben Freigabe in Deutschland, 15, freigegeben ab 15 Jahren, entsprechend der Freigabe ab 16 Jahren in Deutschland, 18, freigegeben ab 18 Jahren, entsprechend der Freigabe in Deutschland, R18 (Restricted 18), selbe Freigabe ab 18 Jahren, das Medium darf jedoch nur in „speziellen“ Läden verkauft werden (BBFC Classification Guidelines, 2014).
Das Prüfverfahren ist dem in Deutschland üblichen ähnlich, Altersfreigaben werden in einem großen Gremium beschlossen. Die Vorbereitung auf dieses Gremium weißt jedoch einige Unterschiede auf: Filme werden zuerst in kleinen Gruppen betrachtet und analysiert, Spiele ebenfalls in kleinen Gruppen (meist bestehend aus zwei Personen) gespielt und bewertet (BBC: How video games are rated, abgerufen am 03.06.2014).
Sollte ein Film keine Freigabe von der BBFC erhalten, spricht diese – wie auch die FSK in Deutschland – Empfehlungen zu Schnitten aus. Diese Empfehlung kann sowohl genutzt werden, um eine bestimmte Altersgruppe zu erreichen, oder überhaupt von der BBFC angenommen zu werden (Immanuel Fick: Filmzombies und Kinokannibalen, Tectum Verlag Marburg, 2010). Anders als bei der USK stellt eine nicht existierende Freigabe die Tatsache da, dass der Film sich illegal im Handel befindet. Dies wird mit einer Geldstrafe oder wahlweise Gefängnis bestraft.
PEGI
Informationen zur PEGI (Pan European Game Information) finden sich im Abschnitt "PEGI" unter "Ansätze und Lösungen".
Probleme der Altersfreigaben anhand von Beispielen
Wie bereits zu Beginn genannt, kommt es immer wieder zu Problemen. Das Ganze wird anhand des Beispiels Deutschland erläutert, da schon an diesem Land gesehen werden kann, zu welchen Problemen es bei Altersfreigaben kommen kann. Obwohl in die Fragestellung auch Spiele einbezogen wurden, werden im folgenden Abschnitt nur Filme genannt, da sich diese vor allem aufgrund ihrer deutlich längeren Existenz als besseres Beispiel erwiesen haben.
Bei jedem Film wird die Geschichte in Kurzform dagestellt, daraufhin werden die Probleme, die es bei der Freigabe gab, geschildert.
Harry Potter and the Chamber of Secrets
Harry Potter and the Chamber of Secrets (Harry Potter und die Kammer des Schreckens, GB 2002) ist der zweite Teil der Harry-Potter-Reihe. Nach den Ferien hört Harry in seiner Schule Hogwarts eine seltsame Stimme. Kurz darauf erfährt er, dass die Kammer des Schreckens geöffnet wurde. Er muss beweisen, dass er nicht der „Erbe Slytherins“ ist, der alle muggelstämmigen Schüler töten will. Um zu beweisen, nichts mit der Angelegenheit zu tun zu haben, dringt er in die „Kammer des Schreckens“ ein. In dieser trifft er auf seinen Erzfeind Lord Voldemort in Gestalt von Tom Riddle. Voldemort hetzt einen Basilisken (riesige Schlange) auf Harry, den er mithilfe des Schwertes von Godric Gryffindor besiegt. Er nimmt den Giftzahn der Schlange und tötet damit Voldemort.
Ursprünglich sollte dieser Film ab 12 Jahren freigegeben werden, jedoch wurde diese Meinung schnell revidiert. Der Hauptverband Deutscher Filmtheater e.V. gab bekannt, dass eine Freigabe ab sechs Jahren gelungen sei, „damit dieses Kinoerlebnis auch von denjenigen wahrgenommen werden kann, die 2001 bereits den ersten Teil des spannenden Abenteuers im Kino gesehen haben.“ Was wäre wohl geschehen, hätte die FSK den Film, der kommerziell überaus erfolgreich zu sein versprach, erst für zwölfjährige zugänglich gemacht? Offensichtlich hat die FSK aus kommerziellen Gründen der ursprünglichen Bitte Nachsicht gegeben – obwohl es im Prinzip irrelevant wäre, ob eine Freigabe „ab 6 Jahren“ inkonsequent oder feige wäre, sind beide Bewertungen eigentlich unangebracht. Für sechsjährige enthält der Film bei weitem zu viele gruselige Elemente, zwölfjährige sind bereits mit ganz anderen Szenen konfrontiert worden. Wie „Harry Potter and the Chamber of Secrets“ passen viele heutige Unterhaltungsfilme nicht in das Schema der FSK (Filmdienst 24/2001: „Gruseln mit Harry Potter“, dreipunktdrei mediengesellschaft mbH, Bonn).
Jurassic Park
Der Multimilliadär John Hammond hat auf Isla Nublar, eine Insel nahe Costa Rica, einen Erlebnispark gebaut. In diesem leben unter anderem echte Dinosaurier. Der unzufriedene Programmierer Dennis Nedry will Dinosaurier-Embryos an eine befeindete Firma verkaufen und setzt aus diesem Grund das Sicherheitssystem für kurze Zeit außer Kraft. Da die Schutzzäune nun nicht mehr unter Spannung stehen brechen einige Dinosaurier aus. Durch den Stromausfall sitzen die Besucher des Parks nun im Gehege des Tyrannosaurus Rex fest, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgebrochen ist. Nachdem einer der Besucher gefressen wurde können sich die Anderen retten, müssen jedoch nun den Weg zum Besucherzentrum finden. Zwei weitere Besucher versuchen die verschollenen Personen mit Hilfe eines Jeeps zu finden. Nedry wird auf der Fahrt zum Hafen gefressen. Inzwischen wird Hammond klar, dass die Wiedererschaffung von Urzeitwesen ein großer Fehler war; deshalb versucht er mitmilfe des Chefingenieurs das System neu zu starten. Da der Hauptschalter manuell eingeschaltet werden muss, verlässt der Ingenieur das Gebäude und wird getötet. Letzten Endes schaffen sie es doch noch, die Stromzufuhr wiederherzustellen, die erste Besuchergruppe ist inzwischen auch im Hauptgebäude angekommen. Die Person, die den Schalter umgelegt hat wird jedoch ebenfalls getötet. Während der weiteren Flucht bekämpfen sich die Dinosaurier gegenseitig, sodass die Besucher zur Helikopterplattform gelangen und die Insel verlassen können.
Doch ist die Freigabe ab 12 Jahren wirklich berechtigt? Bereits in der ersten Szene wird ein Arbeiter in einen Käfig gezerrt (Fress-Geräusche inbegriffen), woraufhin ein Saurier-Experte einem kleinen Jugen erzählt, wie ein Dinosaueriertyp seine Beute mit seinen messerscharfen Klauen aufschlitzt und die Eingeweide hervorquellen. Der Tyrannosaurus Rex verspeist einen Rechtsanwalt, vom Computerexperten findet man am Ende nur noch einen Arm. Den Fernseher auf eine akzeptable Lautstärke gesetzt, setzt der Lärm zusätzliche Momente des Schreckens – vom Geräusch des Zerfleischens abgesehen. In den USA als „PG13“ eingestuft (der „ab 12“-Freigabe, bei welcher Kinder unter 12 den Film mit Erwachsenen betreten dürfen, ähnelnd), gesteht Regisseur Spielberg selbst, dass er seine Kinder nicht in „Jurassic Park“ gehen lassen würde. Jedoch sind 16-jährige (die nächsthöhere Freigabe der FSK) bereits deutlich „härtere“ Gewalt gewohnt, sodass diese - bereits im Vorfeld von CSU-Politikern geforderte – Freigabe das Einspielergebnis sicherlich stark vermindert hätte.
Die FSK begründet, dass die Gewaltszenen gerade einmal zehn Minuten ausmachen würden – dies entspricht jedoch nicht der Wirkung eines Films: diese setzt sich im Kopf des Zuschauers aus Film, Ton und auch dem, was nicht gezeigt wurde, zusammen. Wie bereits „Harry Potter and the Chamber of Secrets“ passt auch dieser Film nicht in die Freigaben der FSK, für die die wirtschaftlichen Interessen wohl im Vordergrund zu stehen scheinen (Filmdienst 18/1993: „Nur keine Aufregung zur FSK-Freigabe von Jurassic Park“, dreipunktdrei mediengesellschaft mbH, Bonn).
Saving Private Ryan
Während der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 werden zwei von vier Brüdern getötet, der dritte kam bereits eine Woche vorher ums Leben. Um das Leid der Mutter zu lindern, beschließt der Generalstab den vierten Bruder, James Francis Ryan, nach Hause zu schicken. Dieser ist jedoch hinter den feindlichen Linien mit dem Fallschirm abgesprungen, weshalb ein achtköpfiges Einsatzteam nötig ist, ihn zu finden. Dieses steht im Mittelpunkt der Handlung.
Im September 1998 gab die FSK diesen Film ab 16 Jahren frei, drei Jahre später hatte ProSieben den Film erstmals um 22:15 Uhr ausgestrahlt (laut Gesetz zeitlich angemessen). Am 5. Januar 2003 wiederholte der Privatsender die Ausstrahlung, dieses mal jedoch, zur Erreichung der werberelevanten Zielgruppe, um 20:15 Uhr. Hierfür wurde dem Sender mit 500.000 Euro Geldstrafe gedroht (Funkkorrespondenz 3/2002: „ProSieben droht Bußgeld für Ausstrahlung von James Ryan“ dreipunktdrei mediengesellschaft mbH, Bonn). Zwar wurde ProSieben und der FSF, die den Film in einer um sieben Minuten gekürzten Fassung als zulässig bewertet hatten, Recht gegeben, jedoch bleibt weiterhin die Frage, ob eine Freigabe ab 12 Jahren allgemein zulässig wäre, handelt es sich doch bei „Saving Privat Ryan“ um einen Antikriegsfilm, dessen Ziel eine besonders realistische Darstellung und abschreckende Wirkung ist. Dokumentationen erhalten – trotz Gewaltdarstellung – eine niedrige Altersfreigabe, ein Film mit einem ähnlichen Grad an Realismus jedoch nicht (Funkkorrespondenz 33 / 2002: „Etappensieg für ProSieben im Streit um James Ryan“ dreipunktdrei mediengesellschaft mbH, Bonn).
Ansätze und Lösungen
2008 wurde im Rahmen eines Verfahrens des Europäischer Gerichtshofes (EuGH) ein Versuch unternommen, die Freigabe-, bzw. Jugendschutzsysteme einander zu nähern, um eine gewerbliche Einfuhr von Filmen mit BBFC-Freigabe nach Deutschland und den Weiterverkauf zu ermöglichen. Der EuGH kam dabei zu dem Ergebnis (Immanuel Fick: Filmzombies und Kinokannibalen, Tectum Verlag Marburg, 2010), dass sich die Freigaberichtlinien eines Landes nicht ohne Probleme auf ein anderes übertragen lassen. Der EuGH stimmte der Argumentation Deutschlands zu, dass sich die Freigabe eines anderen Landes nicht dem Jugendschutz Deutschlands genüge, da „[...] die Regelung dem Schutz der öffentlichen Ordnung diene und gewährleiste, dass junge Menschen Eigenverantwortlichkeit und Gemeintschaftsfähigkeit entwickeln könnten. Darüber hinaus hänge der Jugendschutz eng mit der Gewährleistung der Achtung der Menschenwürde zusammen.“ (EuGH-Urteil vom 14.02.2008, C-244/06, Rn. 38)
PEGI
Die PEGI (Pan European Game Information) ist der geglückte Versuch einer einheitlichen Altersfreigabe für Videospiele in Europa. Sie wird in Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, der Niederlande, Norwegen, Österreich (nur Wien), Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Spanien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Südafrika, Tschechien, Türkei, Ungarn, Vereinigte Arabische Emirate, Zypern genutzt (PEGI-Webseite: Was ist PEGI?, abgerufen am 05.06.2014).
Das Prüfsystem unterscheidet sich deutlich von dem der FSK, USK oder BBFC: die Prüfer spielen das Spiel nicht, sondern bekommen vom Hersteller eine genaue Beschreibung des Spiels und der vorkommende Szenen. Dieser Bericht wird analysiert und daraufhin die Freigabe entschieden (BBC: How video games are rated, abgerufen am 05.06.2014).
Die vergebenen Altersfreigaben ähneln den bereits bei den anderen Systemen beschriebenen jedoch wieder: „PEGI 3“, „PEGI 7“, „PEGI 12“, „PEGI 16“ und „PEGI 18“. Jedoch wird auf der Verpackung des Videospiels direkt eine Begründung der Freigabe anhand von festgelegten Symbolen gegeben, so zeigt das Symbol „Drogen“, dass das Spiel „Drogenkonsum zeigt oder diesen verherrlicht / verharmlost“ oder „Gewalt“, dass das Spiel „Gewaltdarstellungen enthält oder Gewalt verherrlicht / verharmlost“ (PEGI-Webseite: Was bedeuten die Kennzeichnungen, abgerufen am 05.06.2014).
Auch die PEGI bietet ein – wenn auch etwas veraltet Statistik – der Freigaben an:
Fazit
Das Fazit ist in zwei Teile gegliedert: in der Zusammenfassung wird ein kurzer Rückblick über den Inhalt und die Folgen gegeben, im zweiten Teil wird die am Anfang gestellte Fragestellung („[...] sind einheitliche Altersfreigaben für digitale Medien, sobald sie europaweit eingeführt werden sollten, überhaupt sinnvoll und realisierbar?“) aus Sicht der Autoren dieser Arbeit beantwortet.
Zusammenfassung
Für Filme existiert keine europaweit einheitliche Freigabe. Zwar setzen viele Systeme auf ähnliche Prinzipe, jedoch variieren die Kriterien von Land zu Land; daraus resultieren die unterschiedlichen Freigaben der verschiedenen Länder. Gleichzeitig ist die Bewertung inkonsistent, sobald beispielsweise der kommerzielle Erfolg eines Filmes durch eine angemessene Altersfreigabe auf dem Spiel steht.
Einheitliche europäische Altersfreigaben
Verursachen Altersfreigaben für digitale Medien auf nationaler Ebene schon Probleme und Diskussionen, so wäre eine Vereinheitlichung auf Ebene der EU untragbar, da sich immer eine Seite – sei es nun ein Land oder eine gesellschaftliche, kulturelle oder religiöse Gruppe – benachteiligt oder bevormundet fühlen würde. Die Wertvorstellungen, die eine einheitliche Freigabe augenblicklich verhindern, verschwinden durch die Internationalisierung der Kulturen jedoch immer weiter. Dass die Kulturen zusammenwachsen zeigt bereits die PEGI, die Videospiele – ein meist von „jüngeren“ Personen genutztes Medium – bewertet und somit auf eine einheitliche, in (fast) ganz Europa geltende Bewertung, kommt.
Bei einheitlichen Altersfreigaben im Rahmen der EU bestünde das Problem des Imports bei Zensur oder gar vollständiger Indizierung jedoch weiterhin, da beispielsweise die Schweiz nicht zur EU gehört, aber aufgrund der Probleme zwischen den verschiedenen Kantonen keine Zensur oder Indizierung auf staatlicher Ebene durchführt.