From Softwares gefeiertes Spiel „Dark Souls“ (zuletzt „Dark Souls 2“, 2014) und „Lords of the Fallen“ verbindet in Design und tiefgehender Spielweise vieles. Im Kern sind sie beide taktische „Hack‘n’Slay“ Spiele, in denen es gilt gegen verschieden geartete Gegner zu bestehen, während das Machtverhältnis klar auf der Seite der Gegner liegt. Weitere Ähnlichkeiten etwa hinsichtlich der initiierten Atmosphäre sind ebenfalls nicht zu leugnen. Bestätigungen dieser Einschätzung finden sich in unzähligen Tests und niedergeschriebenen Vergleichen der beiden Titel in der Videospiel-Community. Dennoch hebt sich „Lords of the Fallen“ in einigen Kategorien substanziell vom großen Bruder ab, sodass zurecht konstatiert werden kann, dass es sich nicht um einen Klon oder eine blinde Nachbildung handelt. Nach Stunden der Frustration, der Zermalmerei massiver Fleischmonster und der persönlichen Erkenntnis, dass Unfairness emotional grauenvoll, ansonsten aber herausfordernd ist, soll ein detaillierteres Resümee gezogen werden.
Erschienen am
28. Oktober 2014
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Es ist nicht Dark Souls!
Jeder ausführliche Einblick außerhalb der Pixelwarte kann den Vergleich zwischen „Dark Souls“ und „Lords of the Fallen“ einigermaßen umfänglich bis gut vollziehen. Einige Interessierte haben „Dark Souls“ bis zum Exzess durchgespielt und sind Fans des Spiels geworden, andere wiederrum haben sich bisher kaum auf das „Hack‘n‘Slay“ Genre konzentriert. Wie und was „Lords of the Fallen“ ist, wenn es sich nicht nur um eine versuchte Kopie eines „Dark Souls“ handelt, verbleibt als Frage.
Die Frage „Was ist Lords of the Fallen?“ ist nicht einfach zu beantworten, auch weil das Spiel selbst nicht so genau weiß, was es exakt als Kernspielmechanik setzen möchte. Ein Vorschlag wäre, dass es sich um „einen ‚Hardcore–Klopper‘ mit überdimensionierten Altertumswaffen handelt, der ein paar Rollenspielelemente zulässt und perspektivisch in der dritten Person gespielt wird“. Brachial, sogar „hardcore“ deshalb, weil die übermächtigen Gegner auf einen einschlagen, wie die Sprengkraft der Geschütze des „schweren Gustavs“. Dabei wird die eigene, viel zu kleine Lebensanzeige viel zu schnell gen Null geprügelt, sodass man sich wieder am Anfang des jeweiligen Spielabschnitts wiederfindet, um abermals einen Angriff zu starten. Und dies solange bis der Tanz auf Messers Schneide perfekt genug gespielt wurde. Für viele klingt oder spielt sich diese Idee äußerst hart und frustrierend, wenn nicht sogar gemein. Ist jemand jedoch offen für eine solche Art von Herausforderung, kann das Spiel zu einem Spaß für Zwischendurch mutieren.
Seltene Weitherzigkeit des Spiels
Checkpoints sind die generöse Seite des gesamten Spiels: Sie sind zwar nicht wirklich zahlreich, allerdings auch nicht zu weit voneinander entfernt. Sie stehen für Altbekanntes; Zwischenspeicherungen, ein Zugang zum Anlegen und Verändern erbeuteter Ausrüstung, sowie eine Verwaltung der im Kampf gesammelten Erfahrungspunkte für verschiedene Charakterattribute sind die wesentlichsten Bestandteile. Letzteres sind klassische Charaktereigenschaften, wie sie viele andere Spielkonzepte auch verwenden. Auswirkungen haben die verschiedenen Aspekte selbstverständlich auch: Das Erhöhen des Attributs „Stärke“ erlaubt es einem beispielsweise, noch schwerere Rüstung oder Waffen zu tragen, die zuvor für den eigenen Schmalhans nicht tragbar waren. Das einbeschriebene Austarieren der verschiedenen Attributsskalen spielt eine wesentliche Rolle. Je stärker man beispielsweise ist, desto mächtigere Waffen sind tragbar. Allerdings bewegt man sich dadurch nicht gerade grazil vorwärts, was einem bei sehr flinken Gegner zum Verhängnis werden kann.
Gleichsam, und das ist die interessantere Komponente, verlocken solche Checkpoints den Spieler dazu ein gewisses Risiko einzugehen. Je länger man seine gewonnenen Erfahrungspunkte nicht einsetzt, desto höher wird ein Erfahrungspunktmultiplikator im Spiel gesetzt, der für jedes weitere getötete Monster ansteigt. Theoretisch sind somit in kurzer Zeit sehr viele Erfahrungspunkte zu ergattern; Segnet man allerdings zwischendurch das Zeitliche, dann sind alle nicht eingelösten Punkte weg, dümpeln auf der Karte in einem undefinierten, über die Zeit stetig kleiner werdenden Aurenbündel herum, solange bis man es wieder einfängt. Der Multiplikator ist nach jedem Tod auf den Startwert Null zurückgesetzt. Stirbt man abermals, bevor man sein Erfahrungspunktebündel erreicht hat, sind diese Punkte für immer verloren. Diese Art des Erfahrungspunkteerwerbes ist hervorzuheben, weil es spielmechanisch Belohnung, Motivation und Risiko neu aufeinander bezieht und somit immersiver wirkt. Es rüttelt an altbekannten Charakteraufbausystemen markant.
- Koch Media, 2014
- Koch Media, 2014
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- Koch Media, 2014
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Eine Milderung der Schwierigkeit ist, dass verbrauchte Tränke nach jedem Tod wieder auf die maximale Anzahl zurückgesetzt werden, sodass man sich vollbeladen wieder ans Werk machen darf. Vor jedem größeren Bosskampf befindet sich ein Checkpoint und damit eine Zwischenspeicherung. Das hat das Spielkonzept von „Lords of the Fallen“ gewiss nötig, denn es ist grundsätzlich abseits verschiedenener Levelsysteme träge zu spielen und macht zu Beginn wegen der schwerfälligen Steuerung einen nicht gerade performanten Eindruck. Es sollte sich erst nach und nach herausstellen, dass nicht die Spielmechanik, sondern vielmehr das Können des Spielers die Quelle der Frustration beherbergte.
Stärken des Spiels und ein Hindernis
Das Spiel funktioniert eher situativ und macht zumindest dann Spaß, wenn und nur wenn man sich stets daran erinnert, alle Gegenstände im Repertoire geschickt einzusetzen. Waffen, magische Sprüche und Tränke, alles sollte im richtigen Zeitpunkt gebraucht werden. Das Spiel bietet keinen Raum für im Voraus lange geplante Spezialisierungen. Wer dennoch versucht derartig strategisch zu operieren, wird von den Gegnern relativ einfach und schnell die Grenzen schmerzvoll aufgezeigt bekommen.
Die verschiedenen Gegnertypen zwingen einen dazu, sich stets von Moment zu Moment anzupassen. Diese selbst vorgegebene Spielformel verlangt von den Entwicklern Perfektion, um zu brillieren. Jeder vom Spieler begangene Fehler sollte für sich stehen und die Chance zum Lernen ermöglichen, denn ein endloses Aufsummieren von Frustrationselementen ist nicht zielführend. Die Möglichkeit das Spiel kennenzulernen wird allerdings aufgrund der ab und an schwierigen Kameraführung, die die Wände und Ecken eines engen Ganges förmlich durch den Bildschirm drücken möchte, erschwert. „Lords of the Fallen“ ist vollgestopft mit solchen engen Korridoren und zeigt damit leider, wie sprunghaft die Kameraführung sich verhalten kann.
Einerseits ist es verständlich, dass sich dynamisch ändernde Kameraeinstellungen die Spannung und die Atmosphäre verbessern können. Andererseits erhöhen sie in diesem Fall ungewollt den Frustrationsgrad, sodass man ab und an eher wünschte in Egoperspektive spielen zu können. In offeneren Bereichen ist die Welt funktionaler und phantasievoll ausgestaltet, wenngleich ihr Charakter sehr monoton ausfällt: Orangene und blaue Farbtöne wechseln sich munter ab und hüpfen gemeinsam auf der grauen Grundierung wild hin und her. Spiegelungs- und Partikeleffekte komplettieren die Optik. Besonders aufgefallen sind die Ausrüstungen, die für ihr Design Kunstauszeichnungen bekommen könnten und in ihrer Ausgestaltung nochmals die schöne Optik des Spiels unterstreichen.
Das Anhängsel
Das Spiel bietet eine Geschichte, die derart generisch und flach ausgearbeitet ist, dass sie kaum wahrgenommen wird. Zwischen dem Rumgegröle, Machogerede und netten, mystischen Ideen versteckt, hängt ein Gebilde, das man schwerlich als immersiv bezeichnen kann. Eigentlich lässt das Narrativ den Titel sogar in einem etwas seltsamen Licht erscheinen: Es dauerte circa 25 Stunden bevor „Lords of the Fallen“ zu seinem Ende kam und die Geschichte brauchte viel zu lange, bevor die einzelnen Details sich zu einem Gesamtbild zusammensetzten. Die Kämpfe ließen auch dementsprechend keine Steigerung erahnen, denn jeder Kampf fühlte sich wie der erste an. Des Öfteren stellte sich die Frage, warum nun dieser Zwischengegner erscheint und auf einen zustürmt. Was hat er mit den bereits Bezwungen zu tun? Welche Rolle spielt er im Spiel? Das wird, wenn überhaupt, mehr schlecht als recht beantwortet.
Siegesgebrüll oder Rückzugsgeschrei?
„CI Games“ Werk lässt einen erstaunt zurück: „Lords of the Fallen“ ist ein optisch-auditiv schönes Spiel. Was das kleine Entwicklerstudio namens CI Games im Vergleich zu den Großen der Szene auf die Beine stellen kann, ist bemerkenswert. Das Werk spielt sich umso schöner, wenn man nach den ersten duzend Toden sich eingestehen muss, dass es nicht die Spielmechanik ist, die einen zur Weißglut treibt, sondern eher das eigene Unvermögen. Umso mehr ist es schade, dass die Geschichte das gesamte Konzept so subalternd stehen lässt, denn spielmechanisch ist an „Lords of the Fallen“ nur wenig auszusetzen. Die grundsätzliche Ausgestaltung der Waffen, Gegner und so weiter ist stimmig, bietet allerdings in Summe nicht viel Tiefgang. Der Nachfolger ist bereits angekündigt, was zumindest eine leichte Neugier im Moment entstehen lässt, ob das Konzept weiterentwickelt und verfeinert wird, oder ob nun wie in vielen anderen Fällen der wirkliche Durchhänger entwickelt wird. Für PC Spieler gibt es zusätzlich ein paar technische Mankos. Das Spiel stürzt manchmal unverhofft ab, vor allem dann, wenn die Grafikeinstellungen zu hoch sind, obwohl es die optimalen seitens der Grafikkartenhersteller sein sollen. Das ärgert einen umso mehr, wenn mitten in einem Bosskampf, der zu Gunsten des Spielers auszugehen scheint, die Software respektive das gesamte Betriebssystem plötzlich den Geist aufgibt. „Lords of the Fallen“ ist sicherlich nicht das einzige Spiel, das mit deartigen Problemen zu kämpfen hat. Aufgrund des Spielprinzips ist dieses Problem entscheidend(er) dafür, ob es in Gänze dem Konzept entsprechend funktioniert, oder nicht. Wer mit Frustration versucht zu jonglieren, tanzt sprichtwörtlich auf Messers Schneide.