Super Smash Bros. for Wii U Smashtastisch

Hannes Letsch10 Minuten Lesezeit

Übersicht
Nintendo, 2015

Super Smash Brothers for Wii U ist bei weitem nicht das Erste seiner Art, denn die Entwickler blicken auf 16 Jahre Erfahrung zurück: 1999 erschien „Super Smash Bros.“ zum ersten Mal für den Nintendo 64, überzeugte, hielt manchen Stunden oder sogar ganze Nächte vor der Röhre und prägte damit für viele den Begriff des „Over-Nighters“. Die Idee, dass man Mario spielt und dabei Link vermöbeln darf, war angesichts der vorherrschenden „Jump‘n‘Run“ Assoziationen mit der Marke Nintendo naheliegend. Die Nachfolger knüpften fast nahtlos an den Erfolg des ersten Spiels an: Sie standen und stehen für (un)freiwilligen Zeitraub und machten vor allem zu mehrt viel Spaß. Für Nintendos aktuelle Konsole, die Wii U, wurde im Oktober 2014 ein erneutes Spin-Off in der Hoffnung, dass der Erfolg des Klopper-Partyspiels auch in High-Definition Auflösung weitergehen wird, veröffentlicht.

Super Smash Bros. Wii U - Veröffentlichungsvideo
Nintendo, YouTube, 2015

Jedem Charakter seine Bühne

Jeder der 49 spielbaren Charaktere benutzt die gleichen Controllertasten, um zu attackieren und spezielle Kampfbewegungen auszuführen. Fügt man Capcoms Jump’n’Run Held Mega Man, Samus aus dem Metroid Spielen, Fox McCloud, Animal Crossings Villager, Pacman, Wii Fit Trainer, Link aus Nintendos Fantasiespiel „Zelda“, Mario selbst und dutzend andere in ein Kampfspiel ein, so erhält man eine so breite Auswahl, dass jeder Kampf- beziehungsweise Spielstil bedient werden kann. Das Spektrum bewegt sich hierbei zwischen Samus mit ihrem Repertoire an Distanzangriffe und Pacman, der fast ausschließlich Nahkampfattacken verwendet.

Die spielerische Varianz ist beeindruckend. Beispielsweise rennt Mega Man die Spielmechanik beeinflussend in seinen typischen, leicht seitlichen Watschelbewegungen von links nach rechts, was sie am Controller merklich von anderen Kämpfern unterscheidet. Level, wie die neue Mario Kart Arena, bieten zusätzlich unterschiedliche Kampfszenarien, sodass sich jede Runde vergleichsweise anders spielt. Die Liste weiterer Elemente, die spielerische Vielfalt erweitern, kann schier beliebig fortgesetzt werden: Altbekannte, für Nintendo stehende Elemente wie Kugelwilli (bekannt aus den „Super Mario Bros.“ Spielen), in den man sich kurzzeitig verwandeln kann, geben dem Spiel eine kleine nostalgische Dimension und überraschen gleichsam, weil sie das erste Mal in „Super Smash Bros.“ integriert sind. Dass nebenbei bemerkt die Summe aller Spielelemente ein großes Schaulaufen der verschiedenen Marken in Nintendos Portfolio ist, versteht sich von selbst.

So viele Charaktere der Titel auch besitzt, jeder Kämpfer hat seine Existenzberechtigung, was vor allem durch die jeweils unikale Spielweise zum Ausdruck kommt. Im wuseligen Kampfgeschehen registriert man womöglich nicht jede Kampfbewegung, obwohl das Bewegungsspektrum jedes Charakters ausgeklügelt ist. Das Spiel stellt daher von vorneherein die Aufgabe, das Repertoire an Kampfbewegungen des jeweiligen Charakters kennenzulernen, um es anschließend zu den richtigen Zeitpunkten geschickt einzusetzen. „Super Smash Brothers for Wii U“ ist mit Kampfitems, Trainingsmodi und Mini-Spielen vollgestopft. Diese erzwingen die benötigten, wichtigen Entdeckungsmomente, sodass über die Zeit hinweg Facetten und Spezialbewegungen eines Charakters entdeckt werden können, die ansonsten im Verborgenen weiter schlummern würden.

Änderungen pro Spielspaß

Acht Spieler in so einem kleinen Level bedeuten maximales Chaos.
Nintendo, 2015

Eine der größten Befürchtungen, die auch schon vor Veröffentlichungen vorheriger Titel kursierte, war, dass Veteranen der Reihe sich sofort zurecht finden, ihr erworbenes Können aus vorherigen Spielen in allen Belangen einsetzen und somit ihre Flügel soweit ausbreiten können, dass Neulinge im Schatten der Verteranen überhaupt keine Chance mehr sehen, ebenfalls dominant zu sein. Denkbar wäre dies, weil das Spiel nicht nur die eigene Spielbalance beansprucht, sondern der Erfolg sich dadurch einstellt, dass man die Fehler anderer blitzschnell zum eigenen Vorteil ausnutzt.

Das sogenannte „edge-guarding“ wurde komplett aus dem Spiel entfernt. Damit ist es nicht mehr möglich, einen in die Luft geschleuderten Spieler daran zu hindern, wieder auf die Kampfbühne zu klettern. Der Kampf verlagert sich daher komplett auf die Kampfarena und verlangt eine bessere Raumtaktik von jedem einzelnen. Zudem hat jeder Charakter nur zwei bis drei solide „Finishing Moves“, mit denen er den Gegner mit einem Schlag aus der Arena befördern kann. Der „Final Smash“ ist wieder Teil des Spiels: Es handelt sich dabei um eine in der Luft herumschwirrende Kugel, die einige Mal getroffen werden muss, um deren Besonderheit freizuschalten. Ähnlich zu den „Fatalities“ in „Mortal Kombat“ (Netherrealm Studios, 2011) hat derjenige, der den „Final Smash“ aktiviert hat, anschließend die Möglichkeit einen oder mehrere Kämpfer bei zielsicherer Bedienung sofort aus der Arena zu pusten. Klare, saubere Knock-Outs sind die Regel, was wiederum die neue, klare Grenze zwischen Veteranen und Neulingen markiert. Die genannten Änderungen sind für alle ein Segen. Neulinge beziehungsweise nicht erfahrene Spieler überleben länger, als sie es vielleicht gewöhnt sind während Experten weiterhin durch ihr Können glänzen. Einfache, billige Knock-Outs sind sehr selten. In letzter Konsequenz kann jede Art von Fan dem Spiel etwas abgewinnen und gibt nicht direkt zu Beginn frustriert auf.

Die lange Liste der Zusätze

Sofern der Spieler eine amiibo Figur besitzt, bietet „Smash Brothers“ eine weitere Möglichkeit zu trainieren: Sie fungieren im Spiel als KI-Gegner, die sich begrenzt in ihrem Können individualisieren lassen. Laut den Entwicklern sollten sich diese intelligent an den Spielstil des jeweiligen Spielers anpassen, was auch tatsächlich der Fall zu sein scheint. Auf maximaler Kampfstufe sind sie eine Herausforderung. Ändert man seine Taktik, antwortet die Figur sofort und passt sich den neuen Gegebenheiten an. Sollte man alleine sein und keine Lust auf den Einzelspieler haben, bieten diese nicht gerade preisgünstigen Figuren eine willkommene Abwechslung.

Erstmalig auf der E3 2014 präsentierte Nintendo die sogenannten amiibo Figuren. Man könnte sie auf den ersten Blick als Sammelspielfiguren bezeichnen, die allerdings ein kleines Innenleben besitzen. Es sind „Toys-to-Life“, die für spezielle Konsolen oder andere Plattformen konzipiert wurden und mit diesen interagieren. Technisch gesehen funktionieren sie über einen NFC-Chip. Das benötigte NFC Lesegeräte ist bereits im Wii U GamePad verarbeitet.

Nintendo, 2015

Die amiibo-Figuren sollen auch in Verbindung mit dem Nintendo 3DS funktionieren, was allerdings frühestens im Frühjahr 2015 der Fall sein dürfte. „Super Smash Bros. for Wii U“ ist das erste Spiel, das amiibo Figuren einsetzt. Platziert man eine der Figuren auf der NFC-Fläche des Wii U GamePads, taucht der Charakter als zusätzlich Kampfunterstützung im Spiel auf. Die Figuren können bei mehrmaligem Einsatz höhere Level erreichen und entwickeln dabei verbesserte Fähigkeiten und Eigenschaften. Die Spezialfähigkeiten der Figuren lassen sich individuell anpassen und anschließend abspeichern. Dadurch soll jede Figur nach den Vorstellungen Nintendos einzigartig sein, auch dann, wenn man sie in Verbindung mit dem Spiel eines Freundes nutzt.

Für den Rest dürfte die Hauptmotivation sein, sich Fähigkeiten anzutrainieren, um diese anschließend im Kampf gegen Freunde zu demonstrieren. An diesem Punkt übertrifft sich „Super Smash Bros. for Wii U“ selbst. Dreht man die Kämpferzahl auf bis zu acht Spieler in einer doch recht kleinen Arena hoch, verwandelt sich das Spiel in ein Chaos, das ähnlich zu Vier-Spieler-Gefechten spaßig ist.

Viele der Arenen ändern sich über die Zeit hinweg und zwingen die Kämpfer dazu, sich mit den Änderungen vertraut zu machen und eventuell kurzzeitig den Kampf zu unterbrechen, um nicht selbst in den Abgrund zu fallen. Solange man nicht versucht, sich ernsthaft zu messen, sind Lacher aufgrund misslungener Attacken oder Pannen, verursacht durch überraschende Verschwinden von Kartenteilen, vorprogrammiert. Wem das noch immer nicht genug Auswahl an verschiedenen Spielmöglichkeiten ist, kann das Wii U Gamepad verwenden, um sein eigenes, kleines Kampflevel zu kreieren. Hierfür gibt es leider eine Menge an Restriktionen und es finden sich nicht allzu viele Gestaltungswerkzeuge zur Auswahl, um diese Funktion zu loben. Dennoch ist das Erstellen skurriler Level gut genug, um auf lange Sicht Spielspaß zu versprechen - leider nur mit maximal vier Spielern.

Nintendo, 2015

Der Online-Mehrspieler scheint das größere Problem des Spiels zu sein: Manche Fünf-Sekunden-Countdowns können eine Minute dauern und während des Spielens kommt es zu immensem Ruckeln, sofern einer der Teilnehmer eine zu schwache Internetleitung besitzt. Zwar sind zufällige Treffer gern gesehen, die aus den Verbindungsproblemen resultierenden Fehlschläge können aber nervend sein, wenn sich Gegner stets und ständig auf dem Bildschirm hin und her teleportieren. Glücklicherweise existiert dieses Problem lokal nicht. Alles läuft flüssig, sodass man sich dem Kampfgeschehen ohne weiteres zuwenden kann.

Nintendo, 2015

Von der „Meisterstücksammlung“, die sich aus kleinen Demos der klassischen Spiele zusammensetzt, die wiederrum Grundlage vieler Kämpfer und Level bilden, über den sehr tiefgreifenden Charaktereditor für seinen eigenen Kämpfer bis hin zu üppigen Möglichkeiten zur Bearbeitung von Screenshots bietet das Spiel viel, das die investierte Spielzeit erheblich erhöht.

Vier Spieler waren einfach nicht genug

Es war schwer vorzustellen, dass „Smash Brothers“ intensive Vier-Spieler-Kämpfe noch mehr bräuchten, um besser zu werden. Der Acht-Kämpfermodus kristallisierte sich zusehends als der Favorit heraus. Er ist zwar nur lokal und nicht online verfügbar, sind aber sieben Mitstreiter gefunden, erlebt man non-stop Kampfaction in jeder Ecke jeder Arena. Sämtliche Charakter präsentieren sich als ein Unikat, sodass je nach Charakterauswahl ein spezifischer Kampf zustande kommt, der nur durch diesen Mix möglich wird. Schlagend, stampfend, duckend und blockend kämpft man sich von links nach rechts und von oben nach unten durch die Gruppe, was trotz des simplen, überschaubaren Spielkonzepts Spaß macht und nie wirklich langweilig wird, zumal auch die KI sich einigermaßen sehen lassen kann. Der Acht-Kämpfermodus steht für das Spiel als Ganzes: Es ist größer als jemals zuvor und repräsentiert dabei eine laserscharfes Balancing. Fast jede Facette des Spiels ist ohne Kompromisse einzugehen auf Hochglanz poliert, was nicht nur eingefleischte Nintendofans begrüßen dürften. Das Spiel besitzt viele Andockstellen für alle Interessenten und ist eines der wenigen Werke, die eine so hohe Anzahl an spaßigen Ideen, basierend auf einem sehr einfachen Spielprinzip harmonisch aufeinander beziehen können. Nintendos erstes Smash Brothers in HD fühlt sich rund, durchdacht und vollständig an; es dürfte eines der besten Wii U Spiele des Jahres 2014.

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