Unser Kameramann und Autor Kim Sofer Matthias traf sich auf der Gamescom 2019 mit Emilie vom Entwicklerstudio Kong Orange, das sein Adventure „Felix the Reaper“ bald veröffentlichen will. Dabei erfährt er, warum die Hauptfigur Felix sich nur im Schatten aufhalten kann und was das alles mit Leben und Tod zu tun hat.
Wer spricht hier eigentlich?
Emilie Bech Jespersen Graphikdesignerin beziehungsweise Illustratorin und Teil des dänischen Kong Orange Teams, das „Felix the Reaper“ entwickelt.
Kim Sofer Matthias Um was geht es in „Felix the Reaper“? Was ist das für ein Spiel?
Emilie Bech Jespersen „Felix the Reaper“ ist ein Spiel über das Leben des Todes. Die Hauptfigur Felix, den man spielt, ist ein Sensenmann, der für das Ministeriums des Todes arbeitet. Im Spiel wurde er in das Reich der Sterblichen geschickt, um Leute zu töten. Es ist eine romantische Komödie, weil Felix sich in Betty verliebt hat. Eine Dame, die für das Ministerium des Lebens arbeitet. Also soll es eigentlich nicht sein zwischen den beiden, denn sie arbeitet ja für das Leben und er für den Tod.
Kim Sofer Matthias Das ist süß! Wie funktioniert das Spiel?
Emilie Bech Jespersen Es ist ein Kachel-basiertes Puzzelspiel. Man bewegt sich auf einer Plattform und weil man als Sensenmann arbeitet, was eine zwielichtige Arbeit ist, kann man nur im Schatten bleiben. Die Aufgabe ist, seine Umgebung so zu manipulieren, dass man sich immer im Schatten aufhalten kann. Mit einer Sonnenuhr kann man den Stand der Sonne verändern und so die Schatten verschieben. Man fängt sehr einfach an: Du schaust, wo sich die Schatten befinden und änderst sie dann, sodass du dich fortbewegen kannst.
Kim Sofer Matthias Und wie verläuft die Story?
Emilie Bech Jespersen Zu Beginn der Geschichte wird dem Spieler das Universum vorgestellt: Das Ministerium des Lebens und des Todes. Dann wird man in die Welt der Sterblichen gebracht, mit dem Televator (dem teleportierenden Aufzug). Felix schaut immer wieder nach Betty, weil er jetzt in der Welt der Lebenden ist. Er hofft, sie zu finden, denn er ist ein romantischer Typ. Es gibt fünf Kapitel in der Hauptkampagne, und jedes handelt vom Töten eines Opfers. Es gibt jeweils etwa fünf Level für jedes Kapitel und in diesen legt man die Umstände fest, die zum Tod des Opfers führen. Man muss es wie einen Unfall aussehen lassen. Man kann ja nicht einfach so Leute umbringen.
Kim Sofer Matthias Werden wir Betty oft sehen?
Emilie Bech Jespersen Man muss die Augen eben offenhalten.
Kim Sofer Matthias Wie kamt ihr zu so einem Spielkonzept?
Emilie Bech Jespersen Unser Team arbeitete unter anderem mit einem Kunsthistoriker namens Søren Rasmussen zusammen. Wir sind alle sehr fasziniert davon, wie der Tod in der Kunst dargestellt wurde und wird. Es gibt viele verschiedene Interpretationen vom Tod. Wie er aussieht, was er ist. Manchmal wird er als eine Affäre des Lebens dargestellt. Wir dachten, das ist eine lustige Idee und gingen die Möglichkeiten durch, wie wir den Tod darstellen könnten.
Kim Sofer Matthias Und an welcher Darstellung habt ihr euch orientiert?
Emilie Bech Jespersen An denen verschiedenster Kulturen. Jede hat ihre eigene Faszination vom Tod. Es gibt Rituale, Totentänze ...
Kim Sofer Matthias Den „dias de los muertos“ in Mexiko ...
Emilie Bech Jespersen Genau! Es gibt diese Traditionen. Die Frage war: Wie setzen wir diese im Spiel um? Übrigens tanzt Felix deshalb auch. Er ist der tanzende Tod.
Kim Sofer Matthias Er ist ein sehr sympathischer Charakter, ein cooler Typ.
Emilie Bech Jespersen Ist er. Wir finden ihn lustig und knuddelig. Es ist auch sehr charmant, einen Charakter zu haben, der gleichzeitig sympathisch und lustig, aber auch ein Killer ist. Es geht auch um die Tatsache, dass wir alle einmal sterben müssen. Und wir entscheiden wie wir damit umgehen. Ob unser Lebensweg traurig oder lustig ist. Im Spiel haben wir uns dafür entschieden, das Thema verspielt anzupacken. Wir denken, das ist der beste Umgang damit.
Kim Sofer Matthias Das ist ein schwieriges Thema. Für viele sogar ein Tabuthema.
Emilie Bech Jespersen Ja, aber es ist etwas, was uns allen passiert. Es geht uns nicht darum, den Tod zu verharmlosen. Aber wir wollen ihm mit Humor entgegnen. Wenn die Leute mich fragen: „Was ist das für ein Spiel?“, dann sage ich: Eine Mischung aus der Pest im Mittelalter und Saturday Night Fever“.
Kim Sofer Matthias Wie fielen denn die Rückmeldungen aus, die ihr bis jetzt bekommen habt, weil ihr so mit einem ernsten Thema umgeht?
Emilie Bech Jespersen Glücklicherweise haben wir sehr positive Rückmeldungen. Es gibt meistens etwas, was die Leute mögen. Das kann die Geschichte sein, das Charakterdesign, manchmal auch die Musik. Vor allem mögen die Spieler Felix und wie er tanzt. Wir wollen zeigen, dass man über den Tod auch lachen kann. Nicht um es zu verdrängen, sondern um damit umzugehen. Und dieser kleine Kerl (Felix) kann dein bester Freund werden. Es ist wie eine Lach-Therapie. Man soll ja lachen, die Unausweichlichkeit des Todes akzeptieren und es mit Humor nehmen.
Kim Sofer Matthias Was war zuerst da: Die Spielmechanik oder der Charakter beziehungsweise die Story?
Emilie Bech Jespersen Die Geschichte und der Charakter waren zuerst da. Um eine passende Mechanik zu finden, haben wir Vieles ausprobiert. Darunter etwa eine tanzende Polonaise, die Felix über die Plattform folgte. Nachdem wir uns für die Sonnenuhr-Mechanik entschieden hatten, spielte alles Weitere zusammen. Es macht eben Sinn, ihn im Schatten agieren zu lassen. Hier gibt es auch eine subtile Referenz zu „Hitman“, was ja auch ein dänisches Spiel ist: Im Verborgenen zu arbeiten und Leute auszuschalten.
Kim Sofer Matthias Wieso habt ihr euch gerade für diesen Stil entschieden?
Emilie Bech Jespersen Das Aussehen wurde stark von der Kunstgeschichte beeinflusst. Es gibt Level, die mittelalterlich aussehen, andere sind von den 80igern inspiriert. Das alles wurde von unserem Grafiker Jan Hougaard Andersen und unserem Illustrator Mikkel Maltesen entwickelt. Mikkel hat viele Einflüsse in seinem Stil. Wenn man es zusammenfasst: Ein bisschen Pulp Fiction, ein bisschen mittelalterliche Gemälde und ein bisschen Adventure Time [Serie]. Wie Felix aussieht ist inspiriert davon, dass der Tod eine Art Verwalter oder Buchhalter ist. Er ist da und zeigt, dass der Vertrag abgelaufen ist. Deshalb trägt er Büro-Kleidung. Die Weste und die Krawatte.
Kim Sofer Matthias Und wie geht es mit „Felix the Reaper“ weiter?
Emilie Bech Jespersen Wir sind kurz vor der Veröffentlichung des Spiels.
Kim Sofer Matthias Ich dachte, ihr habt es schon veröffentlicht.
Emilie Bech Jespersen Noch nicht ganz. Es war für letztes Jahr geplant aber dann haben wir Daedalic als unseren Publisher gewählt. Wir haben zugestimmt, die Veröffentlichung zu verschieben, um für alle Plattformen gleichzeitig zu erscheinen. Im Moment bessern wir die letzten Fehler aus, arbeiten an den letzten Details. Wir würden gerne noch etwas Cooles damit machen.
Kim Sofer Matthias Man könnte eine animierte Fernsehserie daraus machen ...
Emilie Bech Jespersen Genau, aber wir denken eher an etwas lustiges, ein Spin-off, vielleicht eine Handyversion. Vielleicht eine Kooperationskampagne als Zusatzoption im Spiel. Daran wollen wir noch arbeiten. Im Moment sind das alles allerdings nur Ideen.
Kim Sofer Matthias Für welche Plattformen wird es erhältlich
Emilie Bech Jespersen Auf allen: Auf der Xbox One, Playstation 4, Steam, Nintendo Switch und GoG.
Kim Sofer Matthias Ab welchem Alter ist das Spiel geeignet? Kann ich das meinen Töchtern zeigen?
Emilie Bech Jespersen Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube ab 12 Jahren. Denn es kommt ja Gewalt vor. Ich denke, es ist ein Spiel, dass man sich mit seinem Kind zusammen anschauen kann und dann entscheiden, ob es bereit dafür ist.
Kim Sofer Matthias Dankeschön für das Gespräch!