Frei und ehrlich zu sein ist schon immer eine der wesentlichsten Grundlagen für wahrhafte und langfristige Entwicklung gewesen. Nur mit den „Wölfen zu heulen“ war schon immer falsch. Die eigene, innere Wahrnehmung aufgrund des Jobs in Frage zu stellen war schon immer falsch. Mit Bauchschmerzen und nur wegen des Geldes in den Job zu gehen war schon immer falsch. Sich und andere zu belügen, um damit weiter zu kommen, ist und war schon immer falsch, denn: Wie lange kann ein Mensch einen Selbstbetrug und eine Lüge um des eigenen Vorteils Willen aushalten und wie leicht geht es sich dann tatsächlich über Leichen?
Ungewissheit ist die Amme des Vorurteils: Der Unterschied zwischen Recherche und Meinung
Es ist an der Zeit, auf einen Umstand aufmerksam zu machen, der in den letzten 24 Stunden derart visibel durchschlägt, dass man sich mehr damit gedanklich auseinanderzusetzen hat, als gedacht. Ein kleiner, in Substanz unbedeutender und in seinen Anschuldigungen durchaus hässlicher Blogbeitrag behauptet, dass ein Entwickler eines aktuell in den Startlöchern stehendes Historien - RPGs ein Nazi sei, weil er, der zuständige Berichterstatter, das aus diversen, meist kaum bis maximal lose zusammenhängenden Tweets und anderen Feeds des Studioleiters herausinterpretiert. Große Magazine wie die Gamestar respektive Gamepro, etwas kleinere Formate wie Spieletipps oder gar linksliberale Tageszeitungen wie der Standard, das heißt mehr oder minder in ihrer Reichweite Schwergewichte der redaktionellen Hemisphäre in der hiesigen deutschsprachigen Spielebranche stürzen sich geradezu „händeringend“ auf diese nicht wirklich stichhaltig und gleichzeitig menschlich beleidigende Behauptung, ohne daran Kritik zu üben, eine begründete Recherche zur Ursache zu nehmen oder es auf Basis der Vernunft fair mit Sachverstand journalistisch zu ahnden. Das Gleiche gilt für In- oder besser gesagt Irrfluencer wie „Hooked“ oder „Behaind“, die sich ebenfalls für dieselbe schnelle Verurteilung instrumentieren ließen und letztlich keine eigene Lösung als das obligatorische „Aussitzen“ anbieten.
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Mehr als der Anspruch einer gierigen, spielemotivierten und als arrogant erscheinenden Präsentatorengruppe mit hobbyjournalistischen Absichten scheint nicht existent zu sein, obwohl diese selbsttitulierte „Berichterstattung“ nicht umsonst, sondern qua Profession finanziell entlohnt sein muss. Man bewegt sich klar in Gefilden des Unredlichen, und das offenbar erschreckenderweise ohne Feingefühl und Differenzierung. Die Unschuldsvermutung ist zu halten, solange nicht eindeutig geklärt ist, dass die bisher eher substanzlosen Anschuldigungen gegen Daniel Vávra und das gesamte Warhorse Studio Team ein begründetes Fundament besitzen. Der Schaden ist mit Veröffentlichung der verschiedenen, mehr oder minder vom Urheber der Anschuldigungen kopierten Artikel und Videos angerichtet, eine Entschuldigung ist zum jetzigen Zeitpunkt von den Kopierern notwendig. Nicht nur, weil man als demokratisch Sozialisierter eine gewisse Souveränität gegenüber den Themen „Rassismus“ und „Nationalsozialismus“ besitzen sollte, nicht nur, weil die historische Genese des eigenen Lebenskontextes einen vernünftigen Umgang mit nationalsozialistischen Hintergründen der eigenen noch lebenden beziehungsweise verstorbenen Vorfahren fordert, sondern auch, weil der Beruf des Redakteurs Meinungen mit nachvollziehbaren Begründungen fordert. Dass man dieser Forderung aufgrund der veröffentlichten Artikel und Videos nicht nachgeht, ist ein schwerer Fehler, erst recht, wenn das Motiv einer Instrumentalisierung solch eines Themas, um wirtschaftliche oder andere Interessen zu verwirklichen, nicht von der Hand zu weisen ist. Es ist schlichtweg inakzeptabel, dass die Suche nach Themen eines selbst zu eng gesteckten Blogformates, wie etwa Videospiele rein aus der Sicht der Geschichtswissenschaften sezieren zu wollen, dazu führt, dass komplexe Themen in unausgegoren Artikeln benutzt werden, die wohlbegründete, feingranular abwägende Argumentationsketten verlangen, weil ansonsten schnell Schaden entstehen kann, der meist rufschädigend mittelfristig irreparabel ist.
Es ist nie zu spät: Bitte keine Hexer- oder Hexenjagd in modernen Kulturformen
Die beschriebene Schräglage lässt sich an einigen Punkten illustrieren: Interessanterweise differenzieren einige der großen Magazine zugunsten der Wahrhaftigkeit einer scheinbar so mühseligen, wichtigen Arbeit der Wortsuche: Ein würdiges Spielemagazin mit Verlagsanhang und die hobbyhaften Blogs werden glasklar getrennt, obwohl sich diese Spielemagazine aus jenen Quellen unreflektiert bedienen, um etwa einem Daniel Vávra und seinem Produzenten zu einer Stellungnahme für eine infame und vor allem unbewiesene Behauptung zu bewegen. Wird anschließend noch ein Vergleich zwischen „Hatred“ und „Kingdom Come: Deliverance“ ins Feld geführt, um vor der laufenden Kamera oder im jeweiligen Artikel eine unbedachte Diskussionsbasis hastig aufzubauen, sind Zweifel an der Qualität der redaktionellen Arbeit und Effizienz berechtigt. Persönliches Kommentieren oder Interpretieren von gespielten Videoinhalten sind seit Anbeginn der wesentliche Bestandteil dieses sogenannten „Videospieljournalismus“, die keinen Mehrwert außerhalb des Deskriptivem besitzen. Vorreiter wie Brandon Jones (GameTrailers) verdrehten die Berichterstattung zu einer Identifikationsplattform. Stilles Wissen entstand zum dazugehörigen Spiel unter Anwendung hysterisch anmutenden Vermittelns von eigenem Kenntnisreichtum, Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Professionalität und sogenanntem journalistischem Ethos, um letztendlich der verlängerte Arm der jeweiligen PR-Abteilung zu sein; denn zu meist, sind solche Beiträge gesponsert respektive bezahlt. Wer wirtschaftet, handelt egoistisch, ob er will oder nicht und muss sich dessen bewusst sein. Reicht somit dieses Motiv der Eigenfinanzierung aus, um hunderten Menschen oder verengt einer Person den Vorwurf nationalsozialistisch oder rassistisch zu sein, vorhalten zu können?
Die Dynamik, wie die Redakteure mit den Nutzern, so die Nutzer mit den Nutzern, so die Nutzer mit den Entwicklern, wirkt. Umso eher ist gewichtige Rolle des Internets im diesem Medienzeitalter zur Entstehung von Meinungsströmungen zu kennen und zu respektieren, erst recht, wenn eine nichtvergessende Technologie dahintersteckt. Es ist öffentlicher Raum, der keine Privatheit zulässt. Das Licht, in dem der Spielejournalist oder Redakteur steht, ist momentan kaum existent. Loyalität und die Gunst einer zahlenden Leserschaft, egal ob durch Patreon oder andere Abomodelle, lassen sich ohne gleichzeitiges Schädigen anderer nur durch konstruktive, inhaltsstarke und oder unterhaltende Inhalte sicherstellen. Echter Erfolg oder zumindest echte, langfristige, geteilte Aufmerksamkeit für das eine Projekt oder Produkt, seine Idee oder eben auch seine Veröffentlichung ist nur so erreichbar. Die nachhaltige Auseinandersetzung zur Eruierung all ihrer Widersprüche ist dessen einbeschrieben.
Mitte 2014 war das Zeter und Mordio schreien laut vernehmbar, als simultan zum sogenannten „GamerGate“ beziehungsweise der „Zoë Quinn Affaire“ teils unmoralische, quer zur offiziellen Struktur liegende Vernetzungen verschiedener Videospielredakteure oder gar ganzer Magazine offengelegt wurden. Die plötzlich in einer riesigen Welle angehäufte Erschütterung darüber, wie dicht und eng Redakteure mit der Videospielindustrie verwoben seien und sich gegenseitig bessere Aufträge und Posten unabhängig von Können und Qualifikation zuschieben würden, führte zur letzten großen Kontroverse, die spätestens 2015 wieder versiegte und somit den gewohnten Gang einläutete, ohne substanzielle Änderungen am Verhältnis Industrie und Journalismus sowie dessen Identität vorzunehmen. Die Reaktionen einiger Redakteure und Journalisten, denen der Vorwurf der Bestechlichkeit direkt oder indirekt vorgehalten wurde, waren nichts anderes als ein teils nachvollziehbares Wogenglätten qua Gegenoffensive pro Status Quo (vgl. Ausführungen von Paul Tassi, 2014; Erik Kain, 2014 und Stephen Totilo, 2014). Imho konzentrierte man sich auf die falschen Diskussionsthemen: Ob beispielsweise Videospielredakteure bestechlich sind oder nicht, kann nicht Gegenstand einer konstruktiven Kontroverse sein. Es ist mehr ein Hinweis auf etwas, dessen Mangel beziehungsweise Fehlen die beschriebenen Anschuldigungen erst möglich werden ließ: Kredibilität und Professionalität.
Weiterführender Artikel öffnenDer Fluch der „Berufsjugendlichkeit“: Die bewusste Ignorieren von Werten
Der Fluch der „Berufsjugendlichkeit“ scheint ein bösartiger Trieb zu sein, der viele Menschen, die flapsig gesprochen in „Scheinweltberufen“ arbeiten, verleiten kann. Unter dem Begriff der Scheinweltberufe sind Anstellungen in der Werbe-, Marketing-, Event- oder auch Videospielbranche zu verstehen, in denen faktisch keine messbare oder nachhaltige Einzelleistung errungen wird, aber dafür viele in einer Agentur, der Produktion oder des am Umsatz beteiligten Promotionsteams einer großen Weltfirma mitschrauben. Als somit kleine menschliche Rädchen eines großen Motors ist jeder einzelne häufig austauschbar oder muss gar ausgetauscht werden, weil der Schein, das Sich-Verkaufen-Können oder das Überarbeiten Taktgeber sind. Man fällt womöglich sogar dem „Burnout“ zum Opfer, weil durch die Beschaffenheit des Arbeitskontextes ein persönlicher Konflikt zwangsläufig entsteht, der nach 10 - 20 Jahren entweder ein echtes Krebsgeschwür verursacht, ein tägliches Damoklesschwert ist oder eben in einen akzeptierten, routinemäßigen Selbstbetrug mündet, der von allen genauso leidenden „Mitstreitern“ still weggelächelt wird. Es ist die immer gleiche, halsbrecherische Dynamik, egal, ob in der sogenannten Innovations- und Startup-Industrie oder eben in der Medien- und Werbebranche. So sehr diese Art der Ausgestaltung einer Werbelandschaft falsch ist, so sehr ist die Konkurrenz untereinander real und bildet die Triebfeder für Lügen und Betrug.
Diesem Fakt scheint auch die hiesige Videospielbranche zu unterliegen. Dem Umstand der alle Innovation zersetzende kürzeste Dienstweg in fast allen medienkulturell relevanten Systemen muss ein Riegel vorgeschoben werden, wenn eine spürbare Änderungen pro Seriosität und Nachhaltigkeit sichergestellt werden soll. Der Grad an Unabhängigkeit ist zwischen den verschiedenen Instanzen nicht hoch genug. Das seitens der erwähnten Magazine praktizierte Verwalten des Status-Quo, um sich im Licht der Arbeit der Videospielentwickler zu sonnen und dabei auf die wirklichen Urheber des eigenen Erfolges einen immensen Schatten zu werfen, zeigt, wie endlich Wirklichkeit und wahres Wachstum in diesem Bereich ist, wenn man originäre, lebenswerte und kreative Inhalte missbraucht oder einfach nur schlecht kopiert. Diese schiere Abwesenheit fachlicher Konkurrenz unter konzeptuellen Schwergewichten beschreibt den Notstand eines gelebten Konjunktivs, der schnellst möglich in einen zukunftsnahen Indikativ verwandelt werden sollte.