Dieses Thema ist hochspekulativ, bestehen die gesammelten Informationen zu Nintendos kommender Konsole namens „Switch“ rein aus einem mehr oder weniger reißerischen Werbefilm, der seltsame Gründe liefert, die neue Hardware zu kaufen. Böse Zungen könnten behaupten, dass diese Kolumne schlimmer als jeder noch so geizige Barkeeper versucht, aus einer halben Orange zwei Liter Saft zu pressen. Nichtsdestotrotz lassen sich einige auf Fakten beruhende Überlegungen zum im kommenden Jahr erscheinenden „Nintendo Switch“ anstellen, ohne in wilde Spekulation zu verfallen. Der erwähnte Trailer zeigt nämlich nicht nur seltsam wirkende Szenen zur Verwendung des „Switch“, sondern eben auch das Gerät selbst:
Der Film ist eine Marketing-Kampagne, in der versucht wird, ein Gimmick trendig darzustellen, obwohl davon ausgegangen werden muss, dass die dargestellten Situationen nicht der Realität entsprechen: Basketball spielen unter einer Brücke mit Freunden, um das Gleiche anschließend verschwitzt virtuell nochmals nachzuspielen oder auf eine Dachparty per Zuruf durchs offene Fenster eingeladen werden, um dann lieber die Nintendo „Switch“ mitzunehmen, um sich „spielend“ an der Party zu beteiligen, sind gewiss nicht diejenigen Momente, die potentielle Konsumenten oft erleben werden. Der Aufbau des Teasers und die gezeitigten Szenen zeugen aber davon, dass Nintendo die eigenen Anhänger oder Gelegenheitsspieler als Zielgruppe auserkoren hat, denn etwas Anderes wird nicht abgebildet. Zugegebenermaßen wird auch kompetitives „Pro-Gaming“ vorgestellt, aber auch das ist überstilisiert und so abseits der Werbung-Fantasie-Welt schwer vorstellbar.
Was wird gespielt?
Die Idee, das ewig wehrende Geschrei der Kritiker endlich verstummen zulassen, indem man den sogenannten „Triple-A Third Party Support“ durch Ausschnitte unbestätigter Titel („NBA 2k“ und „Skyrim“) hochhält, ist blauäugig: Gewiss wird kein Spielentwickler einen potentiellen Markt per se ablehnen, soviel sollte vorneherein klar sein. Es bleibt aber für den Moment nicht mehr als eine Hommage an Nintendo seitens der Spielentwickler und Publisher. Die Jahre 2018 oder 2019 werden zeigen, wieviel der im Moment aufgeführten Unternehmen tatsächlich Inhalte für Nintendos neue Konsole entwickelt haben oder werden. Man erinnere sich hierbei an das Debakel rund um die WiiU (Nintendo, 2012). Die Konsole stellte sich spätestens nach Erscheinen als zu schwach auf der Brust heraus. Das grafisch aufwändig erstellte Spiel nochmals zu verteuern, um die zuvor getätigten Investitionen ins Spiel zurückzufahren, nur damit es auf der WiiU ebenfalls lauffähig wird, verletzte jegliche Logik, egal ob aus wirtschaftlicher oder aus der der Entwickler. Somit verlor die WiiU fast seine komplette Crew bereits nach wenigen Monaten und mutierte zu einem Geisterschiff. Nebenbei bemerkt sollten Epic Games, Havok und all jene, die nicht fertige Videospiele entwickeln, sondern vielmehr die Grundbausteine für jedes Spiel liefern, im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Springen diese ab, ist auch die Konsole um massig potentieller Titel ärmer.
Grundsätzlicher: Das Letzte, was Nintendo im Moment braucht, ist der vielseits, meist ohne durchschlagende Argumente geforderte „Triple-A Third-Party Support“. In der jetzigen Situation eine Konsole zu kaufen, die hauptsächlich durch Third-Party Spiele leben soll, ist falsch, weil die überwiegende Mehrheit der potentiellen Kunden entweder bereits zu einer Xbox One oder einer Playstation 4 gegriffen hat. Außerdem soll Nintendos Konsole in Mitten einer Konsolengeneration, die „Third Party“ Titel auf Systemen abspielt, welche allein optisch viel mehr leisten können, veröffentlicht werden. Auch die Entscheidung, alle Spiele auf Steckmodulen, sogenannten „Cartrigdes“, zu veröffentlichen ist im Sinne der Nostalgie ein schönes Gimmick, aber technisch hinderlich, bedenkt man etwa, dass das vor kurzem erschiene „Call of Duty: Infinite Warfare“ (Infinity Ward, 2016) über 130GB Speicher benötigt. Speichermodule dieser Größenordnung sind bisweilen viel zu teuer, würden also das Spiel im Vergleich zur Konkurrenz, die auf Blu-ray setzen, nochmals im Kaufpreis verteuern. Abgesehen davon sollte man das Wort „Online-Serivce“ nicht mit Nintendo verbinden, weil weder die Wii (Nintendo, 2006) noch die WiiU nur ansatzweise das bieten konnten, was Sony und Microsoft seit Jahren leisten.
Einzig exklusive Third-Party Spiele würden Sinn ergeben. Westliche Entwicklerstudios (z.B. Obsidian, Bioware und so weiter) für sich einzunehmen, um exklusive Nintendo Switch Titel zu produzieren, würde die Konsole schlagartig auch außerhalb japanischer Hemisphären interessanter machen. Sollte es Nintendo schaffen, alle drei bis vier Monate ein neues Spiel zu veröffentlichen, die im Übrigen für die WiiU oder auch die Wii immer herausragende Qualität besitzen, dann hätte die Switch eine echte Chance: Ein Handheld mit passabler, nicht marktführender Rechenleistung, somit billiger in der Anschaffung und gut verarbeitet, mit massig alten wie neuen Spielen, die für die „Switch“ kompatibel sind. Kein Realismus, keine Konzepte wie „Open World“, die zum vollständigen Erlebnis größere Bildschirme benötigen, sondern ausgetüftelte, spielmechanisch reiche Titel sollten die Marschrichtung sein. Zudem könnte die „Switch“ diejenige Konsole sein, die etwas wieder etabliert, was die letzten beiden Konsolengenerationen abgeschafft haben: Lokale Mehrspielerpartien.
Wie wird gespielt?
Die Nintendo Switch soll dadurch bestechen, dass sie zum einen durch eine mitgelieferte Dockingstation eine Heimkonsole ist, zum anderen aber auch mitgenommen kann, das heißt portabel ist. Abseits dessen, dass sie für ihre Größe ein außerordentlich rechenstarkes Gerät sein dürfte, entstehen Zweifel, ob es sich hierbei wirklich um eine Marktlücke handelt, die nicht schon anderweitig besetzt ist: Viele der Angesprochenen besitzen bereits Tablets oder Smartphones verschiedener Hersteller, die mittlerweile komplexere Videospiele flüssig darstellen können. Die Frage, warum solch ein Kunde, der bisher keine Konsole besitzt und / oder Gelegenheitsspieler ist, nun gerade auf eine „Switch“ setzen sollte, erschließt sich nicht. Ein weiteres Gerät müsste mitgeschleppt oder etwa durch die Flughafensicherheitskontrollen durchgeschleift werden, während das zeitgleich bei sich getragene Pad oder Smartphone sogar mehr kann, handelt es doch um einen „Multitasker“. Die „Switch“ hingegen wird nur eines gut können: Videospiele. Es braucht keine tiefgründigen Überlegungen, auf was der geneigte Kunde somit eher unterwegs zurückgreifen wird.
Eine weitere offene Frage ist die Zukunft des Nintendo DS (Nintendo, 2004): Sollen diese durch die Switch ersetzt werden oder ist sie das Flaggschiff der DS-Armada? Mögliche Teilantworten wurden bereits gegeben, denn die DS-Cartridges funktionieren nicht auf der Switch. Zeitgleich ist der aufkommende 4K-TV-Mark bereits von Microsoft und Sony besetzt und der Mobile ist das einzige, auf dem Nintendo im Gegensatz zur Konkurrenz bärenstark ist – dieser sollte möglichst gefestigt werden. Womöglich ist die Switch auch hier der Versuch, Erwachsene anzusprechen, haftet den DS-Konsolen aufgrund deren Erschwinglichkeit oder auch Spielauswahl immer wieder der Makel an, „Kinderspielzeug“ zu sein.
Genie Nintendo?
Der Begriff „Genialität“ wird Nintendo gerne angehängt; das Konzept „Switch“ beinhaltet nach all dem, was bisher bekannt ist, nicht viel davon. Die Diskussion ist – für Nintendo Themen typisch – durch die Verwobenheit der Diskutierenden mit dem Unternehmen aufgeheizt. Viele Bewertungen und Eindrücke zerfließen durch gleichzeitig bestehende, schöne Kindheitserinnerungen; man isst die in „South Park“ (Staffel 20, 2016) bekannt gewordenen „Memberberries“ etwas zu oft. Nintendo versucht sich abermals abseits des Hauptmarktes zu positionieren, um Nischen, die im Moment ihrer Ansicht nach nicht besetzt sind, für sich zu beanspruchen. Als Heimkonsole ist die Nintendo Switch im Vergleich zur Konkurrenz ein schlechter Witz, denn dadurch, dass sie tragbar sein soll, kann sie niemals das leisten, wonach Sony und Microsoft hetzen: 4K-Unterstützung mit möglichst vielen Details und einer hohen Framerate. Die TV-Geräte werden in ihrer Auflösung nicht reduziert, sondern erhöht. Danach müsste sich Nintendo richten, wenn sie als handfeste Heimkonsole ernstgenommen werden wollen. Ähnliches lässt sich im Bereich des Online-Services konstatieren.
Und genauso wie einst die WiiU sind auch dieses Mal Zweifel an ihren Innovationen nicht von der Hand zu weißen: Der (nicht Pro- sondern Standard-) Controller, der unhandlich mehr einem Rombus gleichkommt, dürfte kaum Verwendung finden, weil er einfach zu sperrig ist. Dafür soll ein Pro-Controller Abhilfe schaffen, der zwar durchaus interessant aussieht aber zusätzlich gekauft werden müsste, bevor man überhaupt spielen kann – die NES Classic-Neuauflage (Nintendo, 2016) lässt grüßen, denn dort fehlt ein Netzteil, um die kleine NES-Adaption überhaupt lauffähig zu bekommen.
Die kleinen, abnehmbaren Controller scheinen quer gehalten für Erwachsenenhände viel zu klein zu sein, obwohl der Trailer gerade auf jene Zielgruppe zugeschnitten ist. Zusätzlich stellt sich hierbei die Frage, ob alle Spiele mit nur zwei bis drei Knöpfen auskommen. Auch die Durabilität ist fraglich, denn ein ständiges Ab- und Anstecken dürften die Kontakte und Schienen mit der Zeit strapazieren. Viele Fragen bleiben unbeantwortet und müssen erst noch geklärt werden, bevor man sich einen vollständigen Eindruck zur „Switch bilden kann. Ein Pro oder Contra für das Gerät dürfte sich hauptsächlich im Problem der Akkulaufzeit ergeben, denn sowohl die erwähnten, abnehmbaren Bluetooth-Controller wie auch die Konsole selbst benötigen Strom. Es gibt zwar einige Vermutungen, die von circa drei bis vier Stunden Spielzeit sprechen, aber gesichert ist nichts. Im Moment sollte die Skepsis aber vor die Vorfreude gestellt werden, weil a) zu wenig hinsichtlich der Technik klar ist, b) sich die Konsole erst noch in der Spieleindustrie etablieren muss und c) Nintendos Marketing-Strategie im Hinblick auf Bekanntheit und Popularität noch drastisch verbessert werden sollte, denn auch hier sind bereits zu viele negative Parallelen zur WiiU zu sehen.