Carlo Pedersoli und Mario Matteo Girotti würde man nicht das allergrößte Schauspielertalent nachsagen und doch in ihrer Profession kennen. Ihr Lebenswerk ist eine beeindruckend lange Filmografie. Der Inhalt ihrer filmischen Werke ist leichte Kost: Der Begriff des „Eskapismus“ trifft es, weil die Welt von Bud Spencer und Terence Hill eine einfache ist. Unkomplizierter, direkt, aufrichtig, gerecht und trotz vieler Schläge auf die Zwölf für (Klein)kriminelle, kommt nie jemand wirklich zu Schaden. Die „Bösen“ lernen ihre Lektion, die Schwachen werden geschützt und ganz uneigennützig bis tollpatschig bekämpfen Bud Spencer und Terence Hill mit der bloßen Hand böse Machenschaften humorvoll. Die Vorliebe beider für Bohnen aus der Pfanne ist namensgebend für den zweiten Versuch, verschiedene Filme der angesprochenen Filmografie in ein Videospiel zu gießen. Nostalgie ist fast schon selbstverständlich das Trägermaterial, Pixel-Art im Stil der 1980er Jahre und sogenannte Sidescroll-Spielmechaniken bilden die Basis.
Erschienen am
22. September 2023
Entwickler
Plattformen
Xbox Series, Linux, OS X, PS4, PS5, Switch, Windows, Xbox Series
Spieldauer
Über das Spiel muss wenig geschrieben werden, weil es inhaltlich (zu)schnell erklärt ist: Populäre Szenen verschiedener Filme („Banana Joe“, „Vier Fäuste gegen Rio“, „Zwei bärenstarke Typen“ und so weiter) werden in Reihe geschaltet. Kleine Plattformsektionen, ein paar wenige, aber unterhaltsame Mini-Spiele und sehr viele, manchmal langatmige Kloppersektionen wechseln sich halbwegs variantenreich ab. Das Narrativ bleibt auf der Strecke, weil zum einen die Dialoge derart weichgespült sind, dass keinerlei Biss, Witz oder Frechheiten zum Tragen kommen, die Bud Spencer und Terence Hill charakterisieren. Die Tür zur Quelle Nostalgie als Spielspaßbereiter wird dadurch bereits ein kleines Stück zugezogen. Zum anderen wird versucht, aus mehreren in sich abgeschlossenen Geschichten ein einziges Erzählgeflecht zu häkeln. Dass dabei viele Webfehler passieren, war entweder eingepreist oder aber sträflich von Trinity Team übersehen worden. Das ist problematisch, weil weder Film noch Videospiel nachhaltig wirken können, wenn Schlägereien aneinandergereiht werden, ohne Kontext zu geben. Weder werden Szenen präsentiert, die die Antagonisten vorstellen und deren Absichten für den Zuschauer klarmachen, noch werden die Zusammenhänge und die Hintergrundgeschichte, die Terence Hill und Bud Spencer zusammenschweißen, verständlich erklärt. „Slaps and Beans 2“ setzt daher auf vorhandenes Wissen, das notwendig ist, um zu verstehen, was gerade geschichtlich auf dem Bildschirm passiert.
Am Controller ist wenig Fingerkoordination gefragt, weil das pure „Tastengehämmer“ auf zwei Controllertasten genauso gut funktioniert, wie das überlegte Blocken und Schlagen. Die Entscheidung auf einen 2,5-dimensionalen Sidescroller zu setzen, ist der eigentliche Antagonist des Spiels. Es ist schwer auf größeren Plätzen, ohne orientierungsgebende Gegenstände in der näheren Umgebung einzuschätzen, ob man tatsächlich seinem Kontrahenten direkt gegenübersteht oder ob nicht beim Versuch, Schellen zu verteilen, vieles danebenzielt, weil man sich in der Vertikalen ein wenig zu weit oben oder unten auf dem Bildschirm befindet. Die eingewebten Minispiele, die auch in einem Partymodus zu viert gespielt werden können und die Möglichkeit im Co-Op Modus einen weiteren Mitstreiter hinzuzuziehen, täuschen gekonnt, weil gut umgesetzt über das Ärgernis der teils unpräzisen Steuerung hinweg.
Dieser, eher harten Kritik kann die Frage gegenübergestellt werden, ob dieses Spiel überhaupt scheitern könnte. Weil „Bud Spencer & Terence Hill: Slaps and Beans 2“ so stark auf die Nostalgie, das heißt auf die Erinnerungen des Spielenden setzt, wird das, was tatsächlich auf dem Bildschirm passiert mit dem, was die Szenen im Kopf des Spielers triggern, automatisch stark vermischt. Es ist deshalb wenig überraschend, wenn viele positive Bewertungen zum Spiel sich mit dem originalen Soundtrack, den klar zuerkennenden und gestalterisch schön umgesetzten Szenerien und Charakteren auseinandersetzen, aber wenig zum eigentlichen Spielen durchblicken lassen. Die Nostalgie verrichtet ihre Arbeit. Das Videospiel mutiert zum interaktiven Poesiealbum, um sich an positive Momente, den Spaß beim Zuschauen der Filme und das gemeinsame Lachen mit Familienmitgliedern oder Freunden zu erinnern.
In Neuauflagen, kurz „Remakes“ und „Remasters“, bedienen sich PR- und Marketing-Abteilungen - auch die der Videospielindustrie - an einem durchaus mächtigen, psychologischen Mechanismus: Nostalgie. Allein anhand der Veröffentlichungszahlen der letzten zwanzig Jahre lässt sich ein grober Anstieg der „Remakes“- und „Remaster“-Entwicklungen von bereits bestehenden Videospieltiteln feststellen. Ausgeklügelt auf den Markt reagierend, verschwinden (damals) bekannte und (heute) wieder ersehnte Videospieltitel der Jugend oder Kindheit in den Schubladen der verschiedenen Publisher, um sie zum richtigen Zeitpunkt aufpoliert erneut zu einem ähnlich hohen Preis im Markt zu platzieren. Dass es hierbei anscheinend nicht um die Qualität, sondern um den Verkauf von positiven Erinnerungen geht, zeigen Auswertungen.
Weiterführender Artikel öffnenIst es zu kritisieren, die „guten, alten Zeiten“ auf moderneren Geräten erleben zu wollen? Gewiss nicht. Allerdings hat Nostalgie wenig mit dem eigentlichen Videospiel zu tun. Nostalgie legt sich über dieses, bindet und kann über etwas hinwegtäuschen, was fehlt: eine kohärente Geschichte, die auch im Pixelformat in 2,5 Dimensionen schön erzählt werden kann. „Ori – The Will of the Wisps“ (Moon Studios, 2020), „Blasphemous 2“ (The Game Kitchen, 2023) und andere Videospiele zeigen dies in unterschiedlicher Art und Weise. Dass die Steuerung nicht viel Herausforderung bedeutet, ist abseits der Orientierungsproblematik verschmerzbar – erst recht im Hinblick auf die sehr breite Zielgruppe, die das Spiel offensichtlich ansprechen möchte.
Sofern die Entwickler von Trinity Team narrative Verbesserungen in zukünftigen Auskopplungen des Bud Spencer und Terence Hill Universums anstreben, dürfte ein in sich stimmiges Spiel resultieren, das nicht nur einmal durchgespielt, sondern ähnlich zu den Filmen ab und an herausgekramt wird. „Bud Spencer & Terence Hill: Slaps and Beans 2“ ist im Vergleich zum ersten Teil spielerisch eine Verbesserung, weil Minispiele und Vertonung qualitativ einen ordentlichen Schubser in die richtige Richtung geben. Gleichzeitig ist der Punkt zu einem funktionierenden Spiel, das die Logik der Filme von Carlo Pedersoli und Mario Matteo Girotti transportiert, noch einige Schritte entfernt. Es wäre schön, wenn die finanzielle Unterstützung für dieses Projekt langfristig gegeben ist, sodass die Entwickler die Chance erhalten sich Schritt für Schritt dem annähern zu können, was potenziell möglich ist. „Fighting Force“ (Core Design, 1997) oder „Final Fight: Streetwise“ (Secret Level, 2006) stehen für eine Spielidee, die Spielspaß bedeutet, aber auch relativ wenig Beachtung in der Videospielindustrie bisher erhalten hat. In Kombination mit dem Konzept „Bud Spencer und Terrence Hill“ ist grundsätzlich alles dafür gegeben, um erfolgreich unterhaltsame Filme in spaßige Videospiele zu transferieren. Die Basis ist gelegt, allerdings ist erzählerisch wie spielmechanisch noch viel Luft nach oben, die nicht allein auf Nostalgie setzend übertüncht werden sollte.