Hyenas Und noch ein anderer Versuch das Shooter-Genre zu beleben

Hannes Letsch10 Minuten Lesezeit

Übersicht
Sega, 2023

Ein neuer „Sci-Fi Extraction Shooter“ soll dieses Videospiel sein, das bereits seine Closed Beta Phase durchschritten hat und darauf wartet, in näherer Zukunft veröffentlicht zu werden. „Hyneas“ ist der Name, entwickelt wird das Spiel vom britischen Studio Creative Assembly, das eher für seine strategisch versierten Spiele (zuletzt: „Total War: Warhammer 3“, 2022) bekannt ist. Vordergründig erweckt das Vorhaben den Eindruck eines Experiments, um sich als Entwicklerteam in einem anderen als dem angestammten Genre auszuprobieren. Hintergründig wird nicht nur die Werbetrommel ordentlich geschlagen, man brüstet sich den englischen Gepflogenheiten folgend auch gerne mit dem, was man hat: ein Sci-Fi Extraction Shooter. Drei Begriffe, die anfänglich schwerlich als Videospiel vorstellbar sind und aufeinander bezogen Spielspaß generieren sollen. Klappt das?

Gameplay Trailer - Hyenas
Sega, YouTube, 2023

Und selbst diese drei Wörter beinhalten nicht alles, was das Spiel auszeichnet. Es setzt auf Helden, das heißt vorgefertigte Spielfiguren, die unterschiedliche Talente und Waffen gebrauchen. Fünf Teams à drei Spieler werden gemeinsam in eine Arena geworfen, um gegeneinander konkurrierend möglichst viel Raubgut zu extrahieren. Die chaotischen Kämpfe finden stets auf einem Raumschiff statt, das ausgeraubt werden soll. Um den Plunder zu sichern und sich gleichzeitig gegen KI-basiertes Wachpersonal durchzusetzen, ist ein wenig taktisches Geschick, viel Ortskenntnis und hervorragendes Zielen nötig.

Sega, 2023

Ein bedeutender Spieltwist ist, dass mit der Schwerkraft spielmechanisch experimentiert wird: Einige Bereiche des im Weltraum befindlichen Schiffs können durch einen Schalter schwerelos werden. Die Spieler müssen schnell nachdenken, wenn sie sich auf eine Konfrontation mit einem gegnerischen Team einlassen, das möglicherweise aus einer unerwarteten, besseren Position heraus agieren kann. Weil diese schwerelosen Räume an- und ausgeschaltet werden können, verändern sich Schussgefechte durch die Entscheidung einzelner Spieler drastisch. Die zusätzliche Fokussierung auf Helden spielt hier ebenfalls eine Rolle, weil sich nicht jeder Held respektive seine Ausrüstung gleichermaßen gut in der Schwerlosigkeit bewähren kann.

Sega, 2023

Helden repräsentieren verschiedene Hyänen. Die namensgebende Idee sind neun verschiedene Helden, die sich mit dem Nachlass der Machenschaften eines großen Tech-Unternehmens namens CLOUT herumschlagen dürfen. CLOUT ist für die Entwicklung eines Schwerelosigkeitsmanipulationsgerätes verantwortlich, das nur Milliardären vorbehalten war. Auf der Erde entwickelte solch ein Gerät entgegen den Bestimmungen ein gewisses Eigenleben, was in einer großen, physikalischen Katastrophe endete. Der blaue Planet wurde mehr oder weniger unbewohnbar, der größte Teil der Weltbevölkerung verschwand. Diejenigen, die überlebten, waren sich selbst überlassen. Sie mussten sich mit den neuen Gegebenheiten, einem fragmentierten Haufen verschiedener Planetenstücke arrangieren, der das umkreiste, was einst die Erde war. Die kümmerlichen, planetarischen Überbleibsel werden im Spiel als „the Taint“ (Mackel, Fleck) bezeichnet.

Sega, 2023

Die Lösung CLOUTs für diese Misere war, die verloren gegangenen, gesellschaftlichen Säulen wie Kunst oder Politik durch ein Konzept namens „the Brand“ zu ersetzen. Diese dystopische Idee versucht Merchandise als Kompensation an die Stelle kultureller Errungenschaften zu stellen. Merchandise wird zur Ressource, die Dominanz respektive Status im Spiel verkörpert. Diejenigen Hyänen, die am meisten Merch ihr Eigen nennen können, dominieren qua Reichtum. Der Stellenwert ist vergleichbar zu allen wertvollen Gütern, die im realen Leben Status repräsentieren. Und weil diese Güter auf besagten Raumschiffen gelagert werden, sind sie das Objekt der Begierde. Dass die Machenschaften der Superreichen nicht nur Neid, sondern auch in Mitleidenschaft gezogene Menschen auf den Plan rufen, dürfte nachvollziehbar sein. Diese Ansammlung von Personen, die sich gegen die Milliardäre auflehnen, sind die „Hyenas“. Stehlen wird moralisch akzeptabel, weil die eigene Lebensgrundlage in ähnlicher Art und Weise geraubt wurde.

Verschiedene Spielideen neu aufeinander bezogen

Das Experimentieren mit der Schwerelosigkeit darf nicht unterschätzt werden: Es ist der Kern des Spieldesigns. Diejenigen, die „boots on the ground“ Spielweisen (vgl. z.B. „Apex Legends“, „Battlefield 2042“, oder „Call of Duty: Modern Warfare 3“) präferieren, werden sich eingewöhnen müssen. Aufgrund der feingeschliffenen Bewegungs- und Schussmechaniken gelingt das aber ausgesprochen ruckelfrei. Bewegungen in der Schwerelosigkeit sind weder schnell noch ruckartig. Entgegen anfänglicher Skepsis funktioniert das Verfolgen eines Ziels und das letztendliche, zielgenaue Platzieren der Schüsse. Zum Zeitpunkt der Closed Beta gab es nicht viele Möglichkeiten, diese Null-G-Spielmechaniken in unfairer Weise auszunutzen, um etwa Bewegungsmuster zu erzeugen, die einen aus selbstverschuldeten, schwierigen Situationen katapultieren. „Hyenas“ vermittelt den Eindruck, dass die Entwickler versuchen insgesamt gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen, auch wenn dies die ein oder andere, kreative Idee verunmöglicht.

Eine Steuerung bereitzustellen, die einerseits gegnerische Bewegungen leicht lesbar werden lässt und andererseits einfach zu bedienen ist, ist immer ein guter Startpunkt für einen Shooter. Die Anbindung an etablierte Spielarten im Shooter-Genre ist beispielsweise dadurch gegeben, dass nicht alle Räume ihre Schwerkraft verlieren können. Zusätzlich setzt das Spiel auf ein einfaches Inventarsystem, um die gesamte Ausrüstung mit wenigen Klicks zu verwalten.

Sega, 2023

Überall im Raumschiff (Level) befinden sich Ausrüstungsräume, die man betreten respektive aufsprengen kann. Man beginnt beispielsweise jede Spielrunde in solch einem Raum, der mit KI-gestützten Gegnern gefüllt ist. „Hyenas“ ist zwar als Player-vs-Player-Spiel (PvP) konzipiert, enthält aber Player-vs-Environment-Elemente (PvE), um Spieler konstant auf Trab zu halten. Es gibt sogar bereits einen PvE-Modus, der allerdings nur als ein erweitertes Tutorial zur Besichtigung der verschiedenen Level verstanden werden sollte. Heilungsgegenstände, Schildbatterien und anderes Nützliches wird von KI-Gesteuerten Einheiten bewacht. Weil alle Hyänen-Teams konstant Ausrüstung verbrauchen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die eigentlichen Gefechte in diesen Bereichen der Raumschiffe stattfinden. Das Chaos ist somit perfekt, weil unter Umständen fünf Teams und eine Horde an Bewachungspersonal aufeinander zustürmen.

Überspitzt könnte man diese Bereiche als klaustrophobisch bezeichnen. Am ehesten ist die Lehre daraus, dass diese Bereiche des Levels sehr gut gekannt werden müssen, wenn man sich gegen alle anderen Parteien erfolgreich behaupten möchte. Es scheint, dass die Entwickler dieses Szenario exakt so beabsichtigen, denn in diesen Bereichen gibt es auch das beste „Merch“ zu stehlen respektive zu extrahieren, sodass die Punktzahl des eigenen Teams für die Spielrunde sukzessive ansteigt. Diese Tresore müssen im Gegensatz zu Ausrüstungsboxen direkt aufgebrochen beziehungsweise gesprengt werden. Das jeweilige Dreierteam muss eine Durchbruchsvorrichtung an der Tresortür anbringen, um diese aufzuschneiden. Dieser Vorgang kostet Zeit, was wiederum von anderen Teams genutzt werden kann, um sich selbst in die beste Position zum Diebstahl zu manövrieren. Zusätzlich wird das Sicherheitspersonal alarmiert, das anschließend in Wellen versucht den Tresoreinbruch zu verhindern.

Plunder Riot' Gameplay - Hyenas
Sega, YouTube, 2023

Eine Spielrunde wird zum Amüsement und als wichtiger Hinweisgeber kommentiert. Ein Ansager gibt einige Hinweise zum Fortschritt aller anderen Teams. Wenn beispielsweise ein gegnerisches Team vollständig eliminiert wurde, informiert das Spiel alle Mitstreitenden. Alle bekommen dadurch ständig eine Vorstellung davon, wie sich die Spielrunde, die im Schnitt zehn Minuten dauert, entwickelt.

Zum Ende, das heißt sobald das eigene Kontingent für gesammelte Merchandise-Artikel erreicht wurde, gilt es ein sogenanntes VIP-Gateway aufzusuchen, um das Team sowie die eingesammelte Beute zu extrahieren. Sofern dieses Gateway aktiviert wurde, muss der Bereich verteidigt werden, denn eine Extraktion wird nicht sofort durchgeführt. Abermals stürmen KI-Einheiten und womöglich gegnerische Teams herbei, um den Erfolg des anderen Teams zu verhindern, indem das Raubgut gestohlen und im besten Fall die Extraktion für sich genutzt wird. Das heißt, dass das Ende der Spielrunde als ein Mosh-Pit-Szenario funktioniert, in dem alle übrig gebliebenen Hyänen aufeinanderprallen.

Der Versuch ein Missverständnis aufzulösen

In den zehn Spielstunden war durchaus absehbar, in welche Richtung sich das Spiel entwickeln wird. Abgesehen vom unglücklichen Marketing, das es bisher nicht wirklich vermochte zu erklären, was „Hyenas“ ist und was es auszeichnet, ist die Spielidee beziehungsweise das Konzept stimmig. Creative Assemblys Videospiel wird aus den falschen Perspektiven mit den großen Titeln der Shooter-Szene verglichen. Sofern eine Free-to-Play Vermarktung angestrebt wird, könnte das Spiel langfristig funktionieren. „Apex Legends“ (Respawn Entertainment, 2019) könnte hierfür Vorbild sein. Das Herausheben der PvP-Spielelemente kann man kritisieren. Es ist sogar möglich, „Hyenas“ vorrangig als ein PvE-Videospiel zu bezeichnen, das sich optisch farblich an „Apex Legends“ und hinsichtlich des Cel Shadings an „Borderlands 3“ (Gearbox Software, 2019) orientiert. In acht bis neun von zehn Fällen, trifft man nicht auf gegnerische Spieler, sondern hat sich mit dem KI-Wachpersonal des Raumschiffes auseinanderzusetzen. In fünf Spielrunden kamen auf drei bis vier Begegnungen mit anderen Hyenas-Teams, fünfzig bis sechzig Schusswechsel mit anderen KI-Einheiten. Oder in Zeiteinheiten ausgedrückt: Auf zwei Minuten Schusswechsel mit anderen Spielern folgen zehn Minuten Kampf gegen KI-gesteuerte Einheiten.

Sega, 2023

Wettkampf wird im Videospiel im Vergleich zu anderen Shootern anders definiert. Es ist ein Run auf „Loot“. „Hyenas“ versucht nicht nur eine gewisse Anzahl an Teams aufeinanderzuhetzen, sondern jongliert mit verschiedenen Spielmechaniken, um eine andere Spieldynamik wie etwa zu „Apex Legends“ zu kreieren. Bisher lässt sich das in dieser Form nicht aus den Trailern entnehmen – im Gegenteil. Diese suggerieren eher einen weiteren, generischen Hero-Shooter – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es ist kein Battle Royal, es fühlt sich fertig entwickelt an und funktioniert technisch solide. Eines der Argumente für das Spiel ist die Tatsache, dass man eher selten eine Runde für sich entscheiden kann und trotzdem immer wieder Motivation aufbringt, noch eine weitere Spielrunde dranzuhängen. Das spricht für ein vollwertige, funktionierende Spielschleife, die dem Spieler nicht den Eindruck vermittelt, Zeit zu verschwenden. Nicht der zielgenauste Schütze entscheidet eine Spielrunde für sich, sondern derjenige, der sowohl schießen wie geschickt sich Positionieren kann, um zum entscheidenden Moment soviel Raubgut wie möglich abzugreifen. Dies hebt „Hyenas“ von anderen Shootern ab. Und bei genauerer Betrachtung sollte jeder, der sich für das Spiel interessiert, auf diese Aspekte Acht geben und nicht zu sehr die Vergleichbarkeit zu anderen Shooter Videospielen suchen. Angesichts das Marketing kann aber bezweifelt werden, ob das Spiel jemals erfolgreich sein wird. Dafür erfährt das Spiel gefühlt zu wenig Rückendeckung.

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