Das Zünglein an der Waage Ein gutes Spiel führt immer zum Erfolg

Hannes Letsch10 Minuten Lesezeit

Übersicht
2K Games, 2016

Battleborn lautet Gearbox‘ Versuch, die momentane Beliebtheit der sogenannten „Multiplayer Online Battle Area“-Spiele für sich einzunehmen. Bunt, schräg und gespickt mit einem Arsenal an interessanten, wenn gleichsam grotesken Charakteren, sollte dieser First-Person Shooter der nächste Erfolg nach „Borderlands“ (Gearbox Software, 2009) werden. Seit Beginn des Jahres betrieb der dahinterstehende Publisher 2k seine PR-Maschinerie auf zumindest moderatem Niveau und dennoch fielen die Spielerzahlen auf dem PC recht zeitnah nach Veröffentlichung um schätzungsweise 77%. Nicht nur die Verkaufszahlen waren dürftig, auch diejenigen, die das Spiel erworben hatten, ließen es recht schnell links liegen, wendeten sich enttäuscht ab oder gar dem anderen Großen, dem „Besseren“ namens „Overwatch“ (Blizzard, 2016) zu. Dabei gab es durchaus einige Konfusionen darum, ob die beiden Titel nicht genau das Gleiche seien und der eine doch nur vom anderen kopieren würde. Ob diese Anschuldigungen wahr sind oder nicht, wäre zum einen nur sehr müßig zu beantworten (mehr Konjunktive als Indikative) und zum anderen hat es keine Relevanz dahingehend, ob das Spiel sein Ziel Spaß zu generieren verfehlt oder nicht. Nichtsdestotrotz verwundert dieser Abstieg „Battleborns“ beziehungsweise der Aufstieg „Overwatchs“ insofern, als dass Gearbox‘ Werk nicht sonderlich schlecht ist, sondern im Gegenteil die potentielle Konkurrenz zu „Overwatch“ nicht scheuen muss. So kann durchaus die Diskussion geführt werden, ob das Charakterdesign und die dahinterstehenden Spielmechaniken von Gearbox interessanter und spaßiger umgesetzt wurden als es Blizzard mit seinem Projekt versucht. „Battleborn“ blieb dennoch zurück und ist momentan mindestens zur Hälfte tot, denn der Mehrspielermodus fiel als die Spielerzahlen sanken. Die Gründe für die Misere oder „Overwatch“-Erfolg lassen sich alle im Umfeld der Spiele finden.

Das Problem mit der Konkurrenz

So erfolgreich und populär Valves Plattform namens „Steam“ auch erscheinen mag, es ist in jedem Fall nicht garantiert, dass man mit einem guten Spiel automatisch durchstartet: Valve wirbt mit einer immensen Anzahl an potentiellen Käufern. Laut GameSpot warten mehr als 125 Millionen Nutzer darauf, das eigens entwickelte Spiel zu kaufen. Zugegeben sind nicht alle Nutzer davon eigenständige, verschiedene Personen und nicht alle dürften frequentiert online sein. Und dennoch waren beispielsweise am 10.11.2016 laut Steam 10.328.218 Nutzer in der Spitze online. Einigen Titeln gelang es dabei, sich trotz der zahlenmäßig großen Konkurrenz „durchzusetzen“:

Die Zahlen sind durchaus beeindruckend und dennoch darf nicht vergessen werden, dass man sich im Vergleich zu hauseigenen Plattformen, wie etwa Blizzards „Battle.net“, in einem sprichwörtlichen Haifischbecken bewegt. Um zu verdeutlichen, wie stark die Streuung der Nutzer ist, genügt ein kleines hypothetisches Zahlenspiel: Würde man die genannte Nutzerzahl von circa 10 Millionen Spielern als globales Maximum definieren und gleichzeitig davon ausgehen, dass die spielerstärksten Titel ihren Gipfel erreichen, so würden diese zusammen circa 38,1% aller aktiven Steamutzer vereinen. Die restlichen 61,9% entfallen somit auf andere Spiele, was ein klarer Hinweis darauf ist, wie umkämpft die Spielerschaft ist. Zudem – und das ist keine Überraschung – zeigt die logarithmierte Skalierung, dass das Besitzen des Spiels noch nicht bedeutet, dass der jeweilige Besitzer auch dieses spielt. Selbst mit der Annahme, dass die abgebildeten Spitzenwerte der gleichzeitig Spielenden konstant beobachtbar wären, würde das populäre „Counter Strike: Global Offensive“ (Valve, 2012) etwa maximal 3,4% seiner Spielerschaft gleichzeitig mobilisieren. Damit sind Verkaufszahlen zwar eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung, um sicherzustellen, dass ein Spiel auf lange Sicht hin erfolgreich ist und bleibt. Nichtsdestotrotz: Je höher die Verkaufszahlen sind, desto eher verschmerzt das Spiel Abwesende.

„Battleborn“ ist auf Steam zudem nur eines von mehr als 6.000 Spielen. Unter der Annahme einer Gleichverteilung (30 Spiele pro Person) wäre die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spieler am 24. Oktober 2016 „Battleborn“ spielt, nur schmale 0,5%. Kurz: Die Entwickler von Gearbox setzten somit auf eine Infrastruktur, die zwar viele potentielle Käufer besitzt, aber gleichzeitig genauso viel Konkurrenz bietet. „Overwatch“ hingegen hat solch eine Konkurrenz nicht zu befürchten, werben im Gegenteil die verschiedenen auf „Battle.net“ angebotenen Produkte sogar füreinander. Man muss davon ausgehen, dass auch Blizzards Plattform Millionen an Spielern bündelt (Quellen: Wikipedia, Gamestar). Somit genießt „Overwatch“ den Luxus ein zahlenmäßig erstklassiges Netzwerk mit einer technisch sehr guten Infrastruktur verwenden zu können, ohne zu befürchten, im Laufe der Zeit an interne Konkurrenz Teile der eigenen Community abtreten zu müssen. Nebenbei sollte man diesbezüglich nicht vergessen, dass Blizzard im Bereich der Mehrspielertechnologie und dem Know-How der PvP Modi mit die Speerspitze der gesamten Industrie bildet: „Starcraft I & II“, „Warcraft III“, „World of Warcraft“, „Hearthstone“ und „Heroes of the Storm“ belegen dies.

Wahrheit und Hoffnung: Versprechungen sind Risiko

So ähnlich sich Overwatch und Battleborn auch ähneln ...
Blizzard Entertainment, 2016

Während die Entwickler hinter „Overwatch“ klar zu verstehen gaben, dass eine Kampagne beziehungsweise ein sogenannter „Story Mode“ im Moment nicht in Planung sei, verkündeten Gearbox vollmundig unter dem Stichwort „Lore, Lore, Lore“, dass die Geschichte hinter den Charakteren Kern des Spiels sei. Zunächst schien das auch zu stimmen, denn noch bevor das Spiel im Frühjahr 2016 veröffentlicht wurde, waren aus vier Missionen Ausschnitte oder ganze Durchläufe auf YouTube und anderen Netzwerken zu bestaunen. Die Hoffnung, dass sich 15 bis 20 Missionen im Endspiel befinden würden, bewahrheitet sich aber nicht, denn zum Schluss schafften es magere acht Missionen ins Spiel. Jeder der einzelnen Episoden dauert zwar circa eine Stunde aber von einer wirklich tiefgründigen Geschichte, die die Komplexität - entstanden durch die Spannungen zwischen den einzelnen Charakteren und deren dennoch gemeinsamem Ziel den letzten Stern des Universums zu retten – beleuchtet, fehlt jede Spur. Ein wichtiger Bestandteil des Spiels fiel somit weg. Die im Spiel integrierten und durchaus interessanten Dialoge und Geschichtsschnipsel, die man für jeden Charakter freispielen kann, konnten den Mangel nicht verdecken.

... Battleborn gelang es nicht, seine Versprechungen gelungen umzusetzen.
2K Games, 2016

Während „Battleborn“ mit diesem Manko in letzter Konsequenz zu kämpfen hat, wurden eben jene Geschichts- und Dialogfragmente, die „Overwatch“ ebenfalls anbietet, zu einem dessen Stärken: Obwohl Blizzard dafür berüchtigt ist, Modi anzubieten, die das Narrativ hinter dem Spiel und dessen charismatischen Charaktere ins Zentrum stellen, verblieb man ausschließlich bei Mehrspielerelementen, die zwar auf verschiedenen, fiktionalen Karten rund um den Globus stattfinden, jedoch auf jegliche Rahmenhandlung verzichten. Allerdings nur vermeintlich, denn neben den bereits zusätzlich angebotenen Comics und Kurzfilmen verstecken sich in jeder Karte kleine Geschichtsfragmente, die zusammengesetzt mehr und mehr ein großes Ganzes bilden. Das Konzept findet so großen Anklang, dass gewiefte Spieler es sich sogar zur Aufgabe gemacht haben, den Shooter gezielt danach zu durchsuchen: Bilder, Schriftzüge, veröffentlichte und noch im Spielcode versteckte Dialoge oder Monologe – alles Gefundene wird von der Community sukzessive zusammengetragen, um das Verlangen nach einer spannenden Geschichte zumindest ansatzweise zu befriedigen. Obwohl Blizzard somit auf eine seiner Stärken verzichtet, wird trotzdem eine Bindung des Spielers an die Charaktere und deren Hintergründe erstellt und dies ohne das Risiko ein Narrativ zu versprechen, das nicht mit einer gewissen Sicherheit, die Mehrheit der Spieler begeistern wird.

Battlebombed it is: Battleborn hatte von Anfang an keine Chance

Als „Battleborn“ versuchte sich auf die Schirme der potentiellen Käufer zu drängen, war deren Fokus bereits auf „Overwatch“ gerichtet. Selbst als ein Lückenfüller, um die Wartezeit zu „Overwatch“ zu überbrücken, konnte das Spiel nicht herhalten, denn es wurde zu nah an den Veröffentlichungstermin Blizzards auf den Markt geworfen. Es erscheint auch abseits jeder Sympathien nicht sinnig, für zwei Spiele, die ähnlich beworben wurden und von außen ähnliches anzubieten schienen, 40 beziehungsweise 60 € Minimum zu zahlen, nur um darauf gefasst zu sein, das gleiche Spielerlebnis geboten zu bekommen. Zumindest kann diese Logik post-hoc aufgrund der Käuferzahlen aufrechterhalten werden.

Creative Director Randy Varnell behauptete, dass „Battleborn“ sich bezüglich der Verkaufszahlen ähnlich verhalten werde, wie etwa „Borderlands 1“, das summa summarum circa 8 Millionen Mal gekauft worden sei. Varnells Rechnung sollte somit darauf abzielen, dass „Battleborn“ sogar erfolgreicher sein werde, hatte es doch einen besseren Verkaufsstart hingelegt als „Borderlands“ damals. Dass Wachstum nicht konstant ist, von den Interessen der Kunden, des Marktes und dessen freie Nischen oder von der Anzahl der Spieler abhängt, die solch ein Spielkonzept interessant finden, blendet er aus. Die Aufmerksamkeit, die Gearbox‘ Werk bekam, war ab Juni nicht dessen Erfolg geschuldet: Das Spiel fiel nach bereits 20 Tagen auf den britischen Inseln um 27 Plätze und Behauptungen kursierten, dass einige Demo-Programme, um Highend-Grafikkarten auszureizen, öfters auf Steam im Einsatz seien als „Battleborn“.

2K Games, 2016

Spätestens am 24. Mai mussten die Verantwortlichen doch indirekt einräumen, dass ihre Einschätzungen nicht wirklich der Realität entsprachen: Am Tag der Veröffentlichung „Overwatchs“ ließ man den Preis drastisch fallen. Um 30% fiel dieser des noch jungen Spiels schlagartig, was man als eine Kampfansage an Blizzard deuten könnte, wäre da nicht die eben beschriebene Vorgeschichte zum Kontext des Ganzen, der durch seine Interpretationsherrschaft und Eindrücke dem Ganzen nur „Panik“ zugestand und es dementsprechend ganz und gar nicht als intelligenten Schachzug sah. Diejenigen, die das Spiel bereits besaßen, fühlten sich ob des schnellen Preisfalls gleichsam auf den Schlips getreten und standen ihrem Kauf nun nicht wohlgesonnen gegenüber und stempelten es zusehends als Schwindel oder Enttäuschung ab.

Zusätzlich verließ Head Writer Aaron Linde kurz nach Veröffentlichung Gearbox, um sich anderen Projekten zuzuwenden. Es bedurfte keiner Wahrsagerei, um abzuschätzen, wie die Community und das weiter gefasste Umfeld darüber urteilen würde, obwohl laut Linde sein Abschied nichts mit dem Spiel an sich zu tun habe. Nahezu zeitgleich wurden Mikrotransaktionen ins Spiel eingeführt, obwohl man zuvor im Frühjahr noch beteuerte, dass diese keine Option seien: Season Pass und sogenannte Platinum Packs können seitdem erworben werden. Es handelt sich dabei um rein kosmetische Aufbesserungen, die man gegen Geld erstehen kann. Es erwies aber Gearbox‘ Werk zum wiederholten Male einen Bärendienst, denn abermals sah sich die Öffentlichkeit dazu veranlasst, zu munkeln, ob das Spiel nicht doch kurz vor dem Ableben stünde und dies alles nur noch schnellst möglich implementiert werden würde, um die letzten Cents aus dem Spiel zu pressen. Neuerdings kursieren Spekulationen, die davon berichten, dass „Battleborn“ alsbald ähnliches wiederfahren würde wie „Evolve“ (Turtle Rock Studios, 2015) – free to play. Aber auch dieser Zug ist bereits abgefahren, denn der als Overwatch-Klon bezeichneter Titel namens „Paladin“ ist bereits drauf und dran, diese Nische für sich zu verbuchen. Der Pfad, den das Spiel vor sich sieht, ist im Moment mehr als steinig und es bleiben starke Zweifel, ob das Spiel jemals ansatzweise die Spieleranzahlen wiedererlangen kann, die es Anfang Mai hatte.

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