Der Videospiel-Herbst 2017 sollte ein grandioser werden. Manch einer sprach vom sogenannten „Broketober“: Mit „Middle-earth: Shadow of War“ (Monolith Productions), „Forza 7“ (Turn 10 Studios), „Destiny 2“ (Bungie) auf dem PC, „Star Wars Battlefront 2“ (DICE), „Assassins Creed: Origins“ (Ubisoft) und so weiter sollte eine derart hohe Schlagzahl an hochkarätigen Spielen auf den Videospielmarkt zurollen, sodass sich sogar einige Videospieljournalisten die Frage stellten, ob dies im Sinne des Marketings überhaupt noch sinnig sein kann, denn jeder zuvor erwähnten Titel hätte gerne die breite Aufmerksamkeit allein bei sich. Es sollte anders kommen, denn das Thema der letzten Wochen drehte sich um die Begriffe des Glückspiels, sogenannter Lootboxen und DLCs, die in vielen der zuvor aufgeführten Titeln zum Teil exzessiv zum Einsatz kommen. Die Spielerschaft war und ist erbost, manch einer der verantwortlichen Publisher ging auf Tauchstation und die Presse versuchte hastig die Entwicklung einzuordnen.
IGN
Eines der neuesten Videospiele, die die Kontroverse um Lootboxen momentan enorm befeuert, ist „Star Wars Battlefront 2“ von DICE. Die Befürchtungen vieler Anhänger, dass das Spiel aufgrund seines Lootboxsystems ein sogenanntes „Pay-To-Win“ Spiel ist, beleuchtet Tom Marks genauer und zeichnet dabei ein durchaus düsteres Bild.
Polygon
Die Reaktionen auf die neuerliche Welle an exzessiv auf Lootboxen ausgerichteten Triple-A Videospiele nahm sogar das Wertungsaggregierungsportal Open Critic zum Anlass, ihren Service zu erweitern. Man wolle, so Allegra Frank, ein „Zeichen gegen Lootboxen setzen“, indem man in Zukunft jegliches Spiel zusätzlich kennzeichnet, das diese Art der „Ingame-Käufe“ anbietet.
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Jason Schreier fragt sich im Zuge der Veröffentlichungen von „Middle-earth: Shadow of War“, „Star Wars Battlefront 2“, „Forza 7“ und „Destiny 2“, ob eine – wie er es nennt – Lootbox-Epidemie zu erwarten ist. Die Gründe für diese Entwicklung sind für Schreier jedenfalls eindeutig: Entwicklungskosten und unvernünftige Wachstumserwartungen. EA oder Warner Bros. Interactive Entertainment würden geradezu das Konzept eines „Service Game“ jagen, denn das alte 60 Dollar beziehungsweise Euro Modell sei mittlerweile gänzlich obsolet. Wer neunstellige Investitionen für ein Spiel benötigt, muss eben auch dementsprechend viel Geld einnehmen, um zufriedenstellend operieren zu können.
Die Diskussion schlug hohe Wellen. So hoch, dass sich das Entertainment Software Rating Board (ESRB) gezwungen sah, Stellung zu dem Thema des Videospiel-Herbstes Stellung zu nehmen. Manch einer erwartete eine Klassifizierung im Bereich des Glückspiels. Ab das ESRB entschloss sich anders: Lootboxen passen nicht zum Glückspiel.
GameStar
Entwickler machen ihre Spiele kaputt, um Mikrotransaktionen zu verkaufen, so zumindest Sandro Odak von der Gamestar. In seiner Kolumne macht sich Odak Gedanken darüber, ab wann man eigentlich Videospiele in ihrer Testbewertung abwerten sollte und was überhaupt in diesem Kontext vertretbar ist. „Wer den Vollpreis für ein Spiel hinlegt, der hat schon bezahlt.“, ist Odaks Prämisse, die allumfänglich gilt, außer der Zusatzkauf beinhaltet einen echten Mehrwert.
Das amerikanische Entertainment Software Rating Board, kurz ESRB, äußerste bereits relativ am Anfang der aufkommenden Debatte, dass es keine Bedenken bezüglich der momentan verwendeten Lootboxschemata geben würde. Sowohl die USK wie auch die europäische PEGI entschieden gleich: Auch sie sehen in Lootboxen kein Glückspiel. Die GameStar hat hierzu die offiziellen Argumentationsketten der USK und des EU-Jugenschutzes zusammengefasst aufgeführt.
Gamerevolution
Jason Faulkner sieht die Problematik der DLCs und vor allem Lootboxen in einem ganz anderen Licht. Seine Argumentation, dass man schwerlich ein Verschwinden dieser Inhalte erwirken könne, zeigt in eine Richtung der Akzeptanz und Toleranz, zumal im behandelten Titel "Middle-earth - Shadow of War" die durch Lootboxen kaufbare Zeit eh nur marginal sei.
Epic and legendary orcs are only a little less frequent than regular ones.
– Jason Faulkner
Der Blindband
Ein kurzer Schwenk hin zum größeren Ganzen: Lootboxen verkörpern vielleicht nicht die allerneueste Entwicklung der Videospielindustrie, sind aber allein durch ihren zunehmend flächendeckenden Einsatz ein Novum für den Spieler. Wolfgang Walk fügt dem stillen, weil exklusiv in den Studios voranschreitenden Innovationsprozess ein paar Bemerkungen hinzu. Der Artikel versucht die stets mitschwingende Angst vor dem Scheitern richtig einzuordnen und dem Vorurteil, Innovationen seien ein Verkaufshindernis entgegenzuwirken.
PC Gamer
Um die Legislative auf diese von einigen als „Missstand” betitelte Entwicklung aufmerksam zu machen, wurde eine Petition ins Leben gerufen. Das Ziel war es die britische Regierung dazu zu bewegen, eine Erklärung zum Thema „Lootboxen“ abzugeben. 100.000 Unterschriften waren dafür notwendig, die bisher nicht erreicht wurden. Und trotzdem gab die Regierung ein kurzes Statement zur Glücksspieldebatte ab.
Currently only china has introduced new laws to force companies to display the odds of winning which had been standard in the uk gambling industry for years.
– Connor Rhys Deeley
Einen ausführlichen Bericht über das Thema „Lootbox“ verfasste Alex Wiltshire in der PC Gamer. Er führt dabei in detaillierten Ausführungen auf, wie die Wirkung der einzelnen Elemente in der Inszenierung sogenannter Lootboxen zu verstehen sind. Anhand Bilzzards Praktiken wird dokumentiert, wie es der Publisher gezielt bewerkstelligt, aus dem einfachen Öffnen einer Lootbox, ein Event zu gestalten.
Moviepilot
Bereits 2015 schrieb Tobias Hanraths über den damals schon aufkommenden Trend der Microtransaktionen in Vollpreistiteln. Bereits vor zwei Jahren warnte er:
Spielentwickler müssen aufpassen, dass sie in der verzweifelten Suche nach neuen Einkommensquellen ihren Ruf nicht irgendwann endgültig ruinieren.
– Tobias Hanraths
Die Frage, ob dies bereits geschehen ist, muss allerdings jeder für sich beantworten. Mehr Spielstoff für mehr Geld ist von Hanrath genauso wie für Sandro Odak völlig in Ordnung. Gegenüber Mikrotransaktionen hatte Hanrath schon vor zwei Jahren erhebliche Skepsis, weil der besagte Deal in diesem Fall andersherum funktioniert: Für mehr Geld, gibt es nicht mehr, sondern weniger zu spielen, denn wer sich Ressourcen oder Erfahrungspunkte kaufen kann, umgeht Spielzeit, in der diese normalerweise gesammelt werden würden.
4Players
Die 4Players Redaktion sprach ebenfalls über Microtransaktionen in Vollpreistiteln und stellte dabei die Frage nach deren Legitimität, indem sie sich der jungen Historie der Lootbox annahm: Was ist der Grund für diesen neuen Trend, und wie hat es begonnen?
Die Meldung aus dem US-amerikanischen Patentamt ging durch die Medien während die Stimmung in der Videospielindustrie eh schon angespannt genug war und ist. Das seitens Activision angemeldete Patent erscheint im Zuge der zurzeit geführten Diskussion wie eine perverse Steigerung zu den heute üblichen Mitteln, denn Activision plant massiv in die Spielmechaniken und das sogenannte „Matchmaking“ einzugreifen, um die Verkäufe zu steigern.
YouTube
Jim Sterling ist für seine kritische Sicht auf wirtschaftliche Neuerung im Videospielsegment und seine manchmal derbe Ausdrucksweise bekannt. Ähnlich zu Tobias Hanrath stieß Sterling nicht erste dieses Jahr das erste Mal auf das Thema „Lootboxen“. Sein Einstieg war das Blizzards „Overwatch“, das im Frühsommer 2016 veröffentlicht wurde.
Seine damaligen Befürchtungen greift er nun abermals auf, um seinen Standpunkt zum Thema „Pay-To-Win“ und „Star Wars Battlefront 2“ eindrücklich klar zu machen.
John Bain, besser bekannt unter dem Pseudonym TotalBiscuit monologisiert wie Jim Sterling ebenfalls sehr ausführlich über Lootboxen, eine mögliche Spielsucht und die momentan in Spielen verwendeten Systeme anhand der Beispiele „Star Wars: Battlefront 2“ und „Middle-earth: Shadow of War“, die beide seiner Meinung nach stark spielbeeinflussende Lootboxlösungen verwenden.